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US-Banken unter Druck

Zusammenbruch der Silicon Valley Bank erschüttert die Märkte

Der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) sorgte für rote Zahlen an der Wall Street. Auch in der neuen Handelswoche sind die Folgen deutlich spürbar: Binnen weniger Stunden verlor der DAX über 400 Punkte, die Deutsche Bank AG sogar über sieben Prozent. 

Was ist passiert? 

Die SVB wurde von einer kalifornischen Regulierungsbehörde geschlossen und unter staatliche Kontrolle gesetzt. Insider-Informationen zufolge ist eine Not-Kapitalerhöhung gescheitert. Schon am vergangenen Freitag berichtete die Tagesschau über die milliardenschwere Kapitallücke. Die Silicon Valley Bank gilt als einer der größten Finanziers von Start-ups. Die US-Behörden beschlagnahmten Einlagen in Milliardenhöhe und überwiesen diese an eine neu gegründete Bank. Der öffentliche Einlagensicherungsfonds FDIC teilte mit, dass die Bank über Vermögen in Höhe von 209 Milliarden Dollar und Einlagen in Höhe von 175,4 Milliarden Dollar verfügt habe. Innerhalb eines Werktags wurde das Vermögen der Bank beschlagnahmt, die Aktie der SVB verlor daraufhin 70 Prozent in kürzester Zeit. 

US-Banken kämpfen mit den Folgen: 

“Viele Banken halten große Portfolios von Anleihen und steigende Zinsen machen diese weniger wertvoll. Die SVB-Situation erinnert daran, dass viele Institute auf großen, nicht realisierten Verlusten bei ihren festverzinslichen Beständen sitzen”, erklärte Russ Mould, Investmentexperte von AJ Bell. Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank ist auch bei anderen US-amerikanischen Banken zu spüren: Die Goldman Sachs Bank verlor am Montagmorgen knapp 3,6 Prozent, die JPMorgan Chase & Co. zwischenzeitlich fast 3,7 Prozent. 

Definition: 

Eine Bankenkrise ist eine spezifische Art einer Unternehmenskrise. Dabei ist die Stabilität und Funktionsfähigkeit eines oder mehrerer Kreditinstitute dermaßen gefährdet, dass mit einer Insolvenz zu rechnen ist. Möglich sind sogenannte Ansteckungseffekte auf das nationale oder internationale Bankensystem sowie auf die gesamte Volkswirtschaft oder auf andere Staaten. 

Zwischen Überreaktion und akuter Bedrohung - Wie sieht es mit deutschen Banken aus? 

Auch die deutschen Geldinstitute mussten am Montagmorgen hohe Verluste hinnehmen, sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank schrieben seit der Eröffnung der Börsen rote Zahlen. Die Unsicherheit der Aktionäre ist zu spüren. “Auch deutsche Banken stehen jetzt im Visier der Verkäufer, weil der Startup-Finanzierer SVB Financial etwas offenbart hat, was auch sie angehen könnte: unrealisierte Verluste im Anleiheportfolio”, kommentierte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.

Joachim Klement, Chefstratege der Investmentbank Liberum Capital geht jedoch nicht davon aus, dass die Situation der SVB eine unmittelbare Bedrohung für das europäische Bankensystem darstellt. Auch der Harvard-Professor und früherer US-Finanzminister Larry Summers sprach im US-Finanzsender Bloomberg TV von einer Überreaktion. Von schwerwiegenden Folgen sei derzeit nicht auszugehen. „Die Über-Nacht-Rettungsaktionen wecken böse Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008“, ergänzte er. Die US-Regierung versuche, die Krise zu isolieren und Ansteckungseffekte zu vermeiden.

Die Finanzkrise 2008

Die Finanzkrise im Jahr 2008 wurde als die schlimmste Krise seit dem schwarzen Freitag von 1929 betitelt. Als Auslöser galt das Platzen der Immobilienblase. US-Bürgerinnen und -Bürger mit geringem Einkommen erhielten damals Kredite zum Kauf eines Hauses. In einigen Ausnahmefällen wurden selbst Kredite an Privatleute ausgeteilt, die keinen Arbeitsplatz, keinen Besitz oder andere Vermögenswerte besessen haben. Dies waren dann die sogenannten Ninja-Kredite: No income, no job, no asset (englisch für: kein Einkommen, keine Arbeitsstelle, keine Vermögenswerte).

Aus dem Platzen der Immobilienblase entwickelte sich rasch eine Bankenkrise. Die Häuserpreise fielen, Immobilien wurden zwangsversteigert, was zur Folge hatte, dass Banken Abschreibungen in Milliardenhöhe machen mussten. 

Mit der Insolvenzanmeldung der Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 erreichte die Währungskrise ihren Höhepunkt: Die Börsenwerte fielen bodenlos in die Tiefe. Versicherungen mussten mit Milliardenkrediten gerettet werden, die US-Sparkasse Washington Mutual brach zusammen und die Angst vor einem Staatsbankrott stieg. Aus der US-Immobilienkrise entwickelte sich schnell eine Banken- und infolgedessen eine Währungskrise: Die Zinssätze in der Europäischen Union befanden sich auf einem niedrigen Niveau. Länder wie Griechenland und Portugal konnten sich mehr Geld leihen, als es die reale Wirtschaftskraft eigentlich zulassen würde. 

Die Folgen der SVB-Pleite

Mittlerweile wird schon nach Käufern gesucht, sowohl für das gesamte Institut als auch für Teile des Unternehmens. Die Regulierer der Einlagensicherung FDIC sollten idealerweise bis Sonntagabend eine Lösung vorbereitet haben. Finanzministerin Janet Yellen schloss eine staatliche Rettung am Sonntag aus. „Wir machen uns jedoch Sorgen um die Bankkunden und konzentrieren uns darauf, eine Lösung für sie zu finden“, sagte Yellen im US-Sender CBS. Investor:innen fordern nun Staatsgarantien gegen einen Dominoeffekt. Auch die Start-ups im Silicon Valley werden von der SVB-Krise erschüttert. 

Ist der Zusammenbruch der SVB vergleichbar mit der Finanzkrise? 

Finanzministerin Janet Yellen kündigte an, dass Kund:innen der SVB am heutigen Montag wieder Zugang zu ihrem Guthaben erhalten. Es sollte verhindert werden, dass es zu massiven Abbuchungen am Kreditinstitut kommt. Daher habe man sich zu „entschlossenen Schritten entschieden, um das öffentliche Vertrauen in unser Bankensystem zu stärken“, hieß es in einer Mitteilung.

Obwohl viele Investor:innen jetzt verunsichert reagierten und die Geldinstitute am Montagmorgen hohe Verluste hinnehmen mussten, erscheint es doch als äußerst unwahrscheinlich, dass es zu einer Banken- oder Finanzkrise kommt. Der SVB-Zusammenbruch hat lediglich auf die Schwächen der Kreditunternehmen hingewiesen, nachhaltige Schäden, insbesondere am deutschen Markt, dürfte es nicht geben. 

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