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Drohende Rezession

Hat Trump die US-Stimmung bereits verdorben?

© Getty Images/iStockphoto

Die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump erzeugt eine wachsende Verunsicherung bei amerikanischen Haushalten und Unternehmen. In der größten Volkswirtschaft der Welt steigt dadurch die Wahrscheinlichkeit einer Rezession spürbar an.

Zu Beginn des Jahres erschien ein wirtschaftlicher Abschwung in den Vereinigten Staaten noch als höchst unwahrscheinliches Szenario. Die weltweit führende Wirtschaftsnation genießt schließlich einen exzellenten Ruf für ihre beeindruckenden Wachstumsraten, die in vielen anderen Industrieländern Bewunderung hervorrufen.

Zahlreiche Bankiers und Investoren hegten die Hoffnung, dass US-Präsident Donald Trump durch seine angekündigten Steuersenkungen und umfassenden Deregulierungsmaßnahmen das Wirtschaftswachstum weiter befeuern würde. Bei seiner Amtseinführung hatte der Republikaner den Amerikanern nicht weniger als ein “goldenes Zeitalter” in Aussicht gestellt.

Inzwischen jedoch verdunkelt sich das wirtschaftliche Stimmungsbild zusehends. 

Der renommierte Kapitalmarktexperte Mohamed El-Erian ist überzeugt, dass die durch Trumps radikale Sparpolitik und Zollmaßnahmen verursachte Unsicherheit sowohl Verbraucher als auch Unternehmen zu erhöhter Vorsicht veranlasst.

“Es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis die Ökonomen ihre Wachstumsprognosen für die amerikanische Wirtschaft nach unten korrigieren”, prognostiziert El-Erian, der unter anderem als Berater für die “Allianz” tätig ist, in einem Gastbeitrag für die Nachrichtenagentur “Bloomberg”. In den Diskussionen an der Wall Street dominieren plötzlich beunruhigende Schlagworte wie “Growth Scare” – die Besorgnis über eine Wachstumsabschwächung – und “Trumpcession” – eine durch Trumps Politik ausgelöste Rezession. Ebenso wird intensiv debattiert, ob dies möglicherweise den Anfang vom Ende der Tech-Blase markiert.

El-Erian hat seine Einschätzung zur Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession kürzlich auf 25 bis 30 Prozent angehoben. Zum Jahresbeginn hatte er diese Wahrscheinlichkeit noch mit lediglich zehn Prozent beziffert. Er betont zwar, dass eine Rezession damit noch immer nicht das wahrscheinlichste Szenario darstelle. Dennoch bezeichnet er diese Entwicklung als “folgenschwer und äußerst beunruhigend für eine Wirtschaft mit enormem Potenzial und ambitionierten Zielen, hoch bewerteten Vermögenswerten und einer zentralen Funktion als Motor des globalen Wachstums”. Finanzminister Scott Bessent bereitete die amerikanische Bevölkerung am Freitag auf eine turbulente Übergangsphase vor: 

“Der Markt und die Wirtschaft sind schlichtweg abhängig geworden von staatlichen Ausgaben", erklärte er. "Daher wird es unvermeidlich eine Entgiftungsphase geben.”

Die anhaltenden Diskussionen über Zollerhöhungen und die damit verbundenen erwarteten Preisanstiege beschäftigen die amerikanischen Haushalte bereits seit Wochen und führen zu einer spürbaren Zurückhaltung im Konsumverhalten. Im Februar verschlechterte sich das Verbrauchervertrauen so gravierend wie zuletzt im August 2021. Dies geht aus den Erhebungen von “The Conference Board” hervor, einem renommierten Analysehaus, das monatliche Befragungen unter Haushalten zu deren Einschätzungen durchführt: zur US-Wirtschaftslage, zu Kaufabsichten, Urlaubsplänen sowie zu ihren Erwartungen bezüglich Inflation, Aktienmarktentwicklung und Zinsniveaus. “Kommentare zur aktuellen Regierung und deren politischen Maßnahmen dominierten die Antworten”, erläutert Stephanie Guichard, Chefökonomin des Analysehauses.

Die Erwähnungen der Begriffe “Handel” und “Zölle” hätten so stark zugenommen wie zuletzt 2019 während Trumps erster Amtsperiode. Insgesamt zeigten sich die Verbraucher deutlich pessimistischer hinsichtlich ihrer künftigen finanziellen Situation sowie der Arbeitsmarktperspektiven.

Diese gedämpfte Stimmung manifestiert sich auch in weiteren Wirtschaftsindikatoren: Die Umsätze im Einzelhandel verzeichneten zuletzt den stärksten Rückgang seit nahezu zwei Jahren. Der Einzelhandelskonzern Walmart warnte Ende Februar vor einem herausfordernden Geschäftsjahr mit rückläufigen Umsatz- und Gewinnzahlen.

Die offizielle Berechnung des Bruttoinlandsprodukts für das erste Quartal wird erst Ende April veröffentlicht, da die ersten drei Monate des Jahres naturgemäß noch nicht abgeschlossen sind. Eine Prognose der regionalen Notenbank Fed in Atlanta sorgte mit ihren aktuellen Daten allerdings bereits für erhebliches Aufsehen: 

Demnach würde die US-Wirtschaft im ersten Quartal um beachtliche 2,4 Prozent schrumpfen, wie am vergangenen Donnerstag publizierte Zahlen nahelegen.

Der sogenannte “GDP-Now-Indikator” der Fed in Atlanta, der kontinuierlich aktuelle ökonomische Daten integriert, ist zwar für seine ausgeprägten Schwankungen bekannt. Dennoch wird er von Analysten als aussagekräftiger Stimmungsbarometer geschätzt. Mitte Februar wurde hingegen noch ein Wachstum von 2,3 Prozent prognostiziert.

Ebrahim Rahbari, Makrostratege beim Analysehaus “Absolute Strategy Research”, weist darauf hin, dass es im laufenden Quartal noch vergleichsweise früh sei, um eine zuverlässige Schätzung abzugeben. Dennoch sei der fundamentale Richtungswechsel bemerkenswert.

“Das Wachstum in den USA verlangsamt sich”, konstatiert auch Rahbari. Zu Jahresbeginn hätten die Wachstumserwartungen noch bei 2,5 bis drei Prozent gelegen. “Ich rechne jedoch nur mit einem Prozent in 2025”, prognostiziert der Makrostratege und verweist ebenfalls auf die durch die Handelspolitik verursachte Verunsicherung.

“Unternehmen halten sich mit Investitionen und anderen strategischen Entscheidungen zurück. Verbraucher konsumieren weniger”, erläutert der Stratege. 

Bei einer Beseitigung dieser Unsicherheitsfaktoren könnten sich diese Trends durchaus rasch wieder umkehren. Allerdings wird für Anfang April eine neue Runde von Zollerhöhungen erwartet, von denen auch die Europäische Union unmittelbar betroffen sein könnte.

Die Besorgnis über ein schwächeres Wirtschaftswachstum in diesem Jahr spiegelt sich ebenso in der Preisentwicklung für Rohöl wider. 

Am Mittwoch verzeichneten die Preise zum dritten Mal in Folge einen Rückgang.

Die US-Sorte “West Texas Intermediate” (“WTI”) verbuchte in dieser Woche einen Verlust von 4,1 Prozent und schloss bei knapp über 67 Dollar. Der Preis der Nordsee-Sorte Brent, die als internationale Referenzgröße fungiert, notierte 3,6 Prozent schwächer und fiel zeitweise auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren auf unter 69 Dollar. Ein Barrel entspricht einem 159-Liter-Fass Rohöl.

Die Preise gerieten erneut unter Druck, nachdem die US-Energiebehörde “Energy Information Administration” einen unerwartet deutlichen Anstieg der amerikanischen Rohölvorräte gemeldet hatte. Dies verstärkte die Bedenken hinsichtlich einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität, nachdem Trump Handelszölle gegen Kanada, Mexiko und China implementiert hatte.

Zusätzlich belastend wirken die Pläne der “Opec”, ab April die Rohölförderung zu erhöhen. Das Kartell hatte die Förderausweitung lange hinausgezögert, beabsichtigt nun jedoch, diese umzusetzen. Trump hat zudem angekündigt, Regulierungsvorschriften abzubauen, damit US-Ölkonzerne ihre Förderung noch unkomplizierter ausweiten können. Sollten die Konzerne trotz der niedrigen Preise dazu bereit sein, würde das Angebot weiter expandieren.

Der Arbeitsmarkt hat Ökonomen in den vergangenen Jahren wiederholt überrascht. 

Trotz der rapide ansteigenden Leitzinsen stellten US-Unternehmen kontinuierlich neue Mitarbeiter ein und verzichteten weitgehend auf Massenentlassungen. Die US-Arbeitslosenquote stieg leicht auf 4,1 Prozent, wie am Freitag veröffentlichte Daten belegen.

Ökonomen verweisen jedoch auf erste Anzeichen einer Abschwächung: So erhöhte sich die Zahl der angekündigten Entlassungen im Februar um beachtliche 245 Prozent im Vergleich zum Januar auf 172.017 Personen. Dies stelle die höchste Zahl seit der Corona-Hochphase im Juli 2020 dar, wie Daten der Personalberatung “Challenger, Gray & Christmas” zeigen.

Mehr als ein Drittel der Entlassungen sei auf die drastischen Kürzungen von Elon Musks Effizienzbehörde “Doge” zurückzuführen. Und dies könnte erst der Anfang sein. Analysten der Banken “Evercore ISI” und “Barclays” gehen davon aus, dass bis zum Jahresende insgesamt mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze bei Regierungsbehörden verloren gehen könnten.

Die Neueinstellungen in den US-Unternehmen haben sich im Februar hingegen auf den niedrigsten Stand seit Juli verlangsamt, wie der private Datenanbieter “ADP” berichtete. Dies sei auf einen Stellenabbau in der Dienstleistungsbranche sowie in den von Unwettern betroffenen Regionen der USA zurückzuführen.

“Unsere Daten in Verbindung mit anderen aktuellen Indikatoren deuten darauf hin, dass die Arbeitgeber bei der Einstellung von Mitarbeitern zögerlicher agieren”, erklärt Chefökonomin Nela Richardson. Unternehmen warteten zunächst ab, bis sie ein klareres Bild der wirtschaftlichen Lage gewonnen hätten.

Die Anträge auf Arbeitslosenunterstützung stiegen Ende Februar auf ein Dreimonatshoch, verblieben jedoch innerhalb des Bereichs, den Experten als gesund erachten. Am Freitag werden neue Arbeitsmarktdaten veröffentlicht.

Anfang Dezember inszenierte sich Donald Trump noch als Präsident der Aktienmärkte. 

Er läutete die Glocke zum Handelsstart der “New York Stock Exchange” (“Nyse”) an der Wall Street und ließ sich für die beachtlichen Kursgewinne seit der Wahl feiern.

“Nyse”-Chefin Lynn Martin betonte die Außergewöhnlichkeit des Präsidentenbesuchs an der Börse. Zuletzt hatte Ronald Reagan im Jahr 1985 die Börse besucht. Viele Investoren hatten die Hoffnung gehegt, dass Trump die Aktienkurse auch in diesem Jahr weiter beflügeln würde. Doch die anfängliche Euphorie ist mittlerweile verflogen.

Der breit gefasste US-Index “S&P 500” und der technologielastige “Nasdaq 100” haben ihre seit der Wahl Anfang November erzielten Gewinne wieder eingebüßt. Ehemalige Börsenstars wie “Nvidia” oder “Apple” sind besonders stark betroffen. Der Chiphersteller verzeichnet seit Jahresbeginn einen erheblichen Rückgang von gut 16 Prozent. “Apple” verlor 4,5 Prozent.

Insgesamt unterliegen die Aktienkurse deutlich stärkeren Schwankungen als im Vorjahr. “Die Aktienmärkte befinden sich in einer fragilen Verfassung. Gegenwärtig existiert wenig Vertrauen darauf, dass sich die Kurse rasch wieder erholen werden”, gibt Analyst Rahbari von “Absolute Strategy Research” zu bedenken.

An den Anleihemärkten manifestiert sich die Unsicherheit durch rückläufige Renditen. Die Renditen für US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit notieren zum Wochenende bei etwa 4,25 Prozent, nachdem sie im Januar noch 4,8 Prozent betragen hatten.

Wo bleibt der “Trump-Trade?

Angesichts der unsicheren Lage erwerben Anleger verstärkt die als äußerst sicher geltenden US-Staatsbonds. Dies lässt deren Kurse steigen, im Gegenzug sinken die Renditen. Ursprünglich waren Investoren davon ausgegangen, dass die Renditen ansteigen würden, da Zölle die Inflation antreiben und die US-Notenbank Fed zu Zinserhöhungen veranlassen könnten. Doch dieser sogenannte “Trump-Trade” hat sich bislang nicht materialisiert. Ein Fondsmanager in New York resümiert prägnant: Die Renditen notieren schwächer, weil Wachstumssorgen gegenwärtig das dominierende Thema darstellen.

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