US-Konzerne vollziehen radikale Kehrtwende:
Abschied von Woke- und Klima-Initiativen
Von der Wall Street bis Silicon Valley: Amerikas Großunternehmen distanzieren sich vor Trumps Amtsantritt von Diversitäts- und Nachhaltigkeitsprogrammen - JP Morgan als letzte Großbank verlässt Klimaallianz.
Eine bemerkenswerte Trendwende zeichnet sich in der amerikanischen Unternehmenslandschaft ab: Große Finanzinstitute verlassen Klimainitiativen, während Konzerne ihre Diversitätsprogramme einstellen. Diese Entwicklung steht im engen Zusammenhang mit der bevorstehenden Präsidentschaft von Donald Trump.
JP Morgan, das größte Bankinstitut der USA, gab am Dienstag seinen Rückzug aus der “Net Zero Banking Alliance” (NZBA) bekannt und war damit die letzte große US-Bank, die diesen von den Vereinten Nationen initiierten Zusammenschluss verließ.
Diese Entwicklung ist Teil eines größeren Phänomens:
Noch vor der offiziellen Amtseinführung Donald Trumps am 20. Januar distanzieren sich US-Unternehmen zunehmend von der sogenannten “Wokeness”-Bewegung, die in den vergangenen Jahren Personalentscheidungen und Investitionsstrategien maßgeblich beeinflusst hatte. Der Begriff "Woke" steht dabei für eine besondere Sensibilität gegenüber gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und Diskriminierung.
Fast zeitgleich mit JP Morgans Ankündigung verkündete der Meta-Konzern, Muttergesellschaft von Facebook und Instagram, die Einstellung seiner Faktenprüfung in den USA. Auch McDonald's, die weltweit führende Fast-Food-Kette, gab die Beendigung ihrer Programme für Diversität, Gleichstellung und Inklusion bekannt.
Diese strategischen Neuausrichtungen entsprechen den Forderungen Trumps und der Republikaner, die im Wahlkampf verschiedenste “woke” Erscheinungen kritisierten - von der Darstellung homosexueller Charaktere in Disney-Produktionen bis hin zu Quotenregelungen für Minderheiten und Nachhaltigkeitsvorgaben für die Wirtschaft.
Dieser Trend wurde bereits von anderen bedeutenden Unternehmen wie Walmart, Ford, Toyota, Harley-Davidson und John Deere eingeleitet, die ihre entsprechenden Richtlinien ebenfalls modifizierten.
McDonald’s kündigte in einem offenen Brief an Mitarbeiter und Franchisenehmer an, Diversitätsziele für Führungspositionen aufzugeben und DEI-Schulungen (Diversity, Equity, Inclusion) zu reduzieren. Auch die externe Evaluierung der LGBTQ-Integration wird eingestellt - ein Schritt, den auch Ford und Lowe's bereits vollzogen haben.
Die Fastfood-Kette begründet diese Entscheidungen unter anderem mit einem Urteil des Verfassungsgerichts im Fall der Harvard-Universität, bei dem asiatisch-amerikanische Studierende erfolgreich gegen Bevorzugungen bestimmter Minderheiten klagten. Walmart hatte bereits Ende November seine DEI-Richtlinien zurückgefahren und die Unterstützung einer Organisation zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit eingestellt.
Disney reagierte mit der Entfernung eines Transgender-Dialogs aus dem kommenden Pixar-Film “Win or Lose”, mit der Begründung, Eltern sollten selbst entscheiden können, wann sie solche Themen mit ihren Kindern besprechen.
Die republikanische Anti-Woke-Bewegung findet in der amerikanischen Bevölkerung durchaus Zuspruch.
Viele Bürger empfinden beispielsweise die Thematisierung von Gender-Identität in Schulen als zu weitgehend. Auch Unternehmensangestellte äußern zunehmend Bedenken bezüglich der Vertretung ihrer Interessen.
An der Wall Street macht sich dieser Trend ebenfalls bemerkbar. Der Vermögensverwalter Azoria Partners lancierte einen ETF-Fonds, der gezielt in nicht-”woke” Unternehmen investiert. Dies führte dazu, dass beispielsweise Starbucks seine Diversitätsbemühungen zurückfuhr und betonte, keine festen Quoten zu haben.
Der Austritt von JP Morgan aus der NZBA markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Finanzbranche. Besonders bemerkenswert ist dies, da CEO Jamie Dimon zuvor als starker Befürworter des Klimabündnisses galt und Trump kritisch gegenüberstand. Vor JP Morgan hatten bereits Citigroup, Bank of America, Goldman Sachs, Wells Fargo und Morgan Stanley die Allianz verlassen.
Die Austrittswelle wird hauptsächlich mit Trumps bevorstehendem Amtsantritt in Verbindung gebracht, der den Klimawandel wiederholt als “Schwindel” bezeichnet hatte. Experten erwarten, dass seine Regierung viele Nachhaltigkeitsvorschriften aufheben wird.
Republikanische Politiker hatten zuvor massiven Druck auf Finanzinstitute ausgeübt, die sich in Klimaschutzinitiativen engagierten. Sie argumentierten mit möglichen kartellrechtlichen Verstößen bei der Benachteiligung von Unternehmen im Bereich fossiler Brennstoffe.
Die ausgetretenen Banken vermieden direkte Begründungen für ihren Rückzug aus der NZBA, versicherten aber weiterhin ihre Unterstützung beim Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft. Die NZBA, deren globaler Marktanteil von über 40 auf etwa 35 Prozent gesunken ist, hat sich bisher nicht zu der Austrittswelle geäußert.
Fazit
Erstens deutet die koordinierte Abkehr großer Unternehmen von ESG- und DEI-Initiativen (Environmental, Social, Governance bzw. Diversity, Equity, Inclusion) auf einen fundamentalen Wandel in der Corporate Governance hin. Dies geschieht bereits vor Trumps offizieller Amtsübernahme, was die Antizipation politischer Veränderungen durch die Wirtschaft demonstriert.
Zweitens zeigt sich eine interessante Dynamik zwischen politischem Druck und unternehmerischen Entscheidungen. Der Fall des texanischen Generalstaatsanwalts Ken Paxton verdeutlicht, wie staatliche Akteure wirtschaftlichen Druck ausüben können - in diesem Fall durch die Drohung, Banken von Anleihegeschäften auszuschließen.
Drittens ist die Rolle der Finanzbranche besonders aufschlussreich. Der Rückzug aller großen US-Banken aus der NZBA könnte weitreichende Folgen für die globale Klimafinanzierung haben. Wenn Banken, die zusammen etwa 35% der globalen Bankaktiva repräsentieren, sich von Klimazielen distanzieren, könnte dies die Erreichung internationaler Klimaziele erschweren.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Entstehung neuer Finanzprodukte wie der “Anti-Woke”-ETF von Azoria Partners. Dies zeigt, wie politische und gesellschaftliche Polarisierung neue Geschäftsmodelle hervorbringt.
Bemerkenswert ist auch die Reaktion von Unternehmen wie Starbucks, die ihre früheren DEI-Initiativen nun als unverbindliche “Bestrebungen” umdeuten. Dies könnte auf eine grundsätzliche Neupositionierung in der Debatte um Corporate Social Responsibility hinweisen.
Die Entwicklung wirft auch Fragen zur langfristigen Strategie von Unternehmen auf:
Wie nachhaltig ist es, Unternehmenspolitik an wechselnden politischen Mehrheiten auszurichten? Welche Auswirkungen hat dies auf die Unternehmenskultur und die Mitarbeiterbindung?
Die beschriebenen Veränderungen könnten auch internationale Auswirkungen haben, da viele der genannten Unternehmen global tätig sind. Es bleibt abzuwarten, ob sie ihre neuen Richtlinien weltweit umsetzen oder regional unterschiedliche Ansätze verfolgen werden.
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