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Das neue Geschäftsmodell aktivistischer Investoren.

Wie Hedgefonds-Aktivisten versuchen langfristigen Einfluss auf Unternehmen auszuüben und warum deutsche Unternehmen besonders gefährdet sind. Ein Überblick.

Der japanische Technologiekonzern Toshiba (WKN: 853676 ; ISIN: JP3592200004) hat vor seiner Hauptversammlung mehrere externe Kandidaten für den Aufsichtsrat vorgeschlagen, unter anderem zwei Vertreter von aktivistischen Hedgefonds. Diese verfolgen das Ziel den skandalumwitterten Konzern, nach dessen gescheiterter Umstrukturierung, von der Börse zu nehmen. 

Ejiro Imai, einer der Aufsichtsratskandidaten, ist Managing Director der US-Investmentfirma Farallon Capital Management, welche etwa sechs Prozent der Aktien des Konzerns hält. Farallon plant Toshiba als privates Unternehmen zu führen und einen maximalen Profit aus dem Konzern herauszuschlagen. Ein weiterer Kandidat für den Aufsichtsrat ist Nabeel Bhanji vom weltgrößten aktivistischen Hedgefonds Elliott

Aktivistenfonds versuchen über den Erwerb von Aktienpaketen Einfluss auf ein Unternehmen und andere Investoren zu gewinnen, im Zweifel auch mithilfe öffentlichen Drucks. In Deutschland beteiligte sich Elliott in der Vergangenheit mit dieser Taktik am Geschäftsgeschehen von Bayer, Thyssenkrupp (WKN: 750000 ; ISIN: DE0007500001) oder der Fusion von Vonovia (WKN: A1ML7J ; ISIN: DE000A1ML7J1) und Deutsche Wohnen (WKN: A0HN5C ; ISIN: DE000A0HN5C6). 

Laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) ist Deutschland besonders attraktiv für aktivistische Investoren. Für die Studie wurden 430 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mindestens 100 Millionen Euro und einen Streubesitz von mindestens fünf Prozent untersucht. Die Untersuchung offenbarte, dass rund 64 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Gefahr laufen von aktivistischen Investoren angegriffen zu werden. 

In der Regel interessieren sich aktivistische Hedgefonds für Unternehmen mit schwächelnden Aktienkursen oder strukturellen Problemen. In Deutschland ist aber, anders als in den USA, nicht die Performance entscheidend, sondern für die Aktivisten ist die Kapitalstruktur und Finanzierungspolitik der Firmen relevanter. Die Aktivisten konzentrieren sich dann weniger auf höhere Dividenden oder Aktienrückkäufe, als auf eine Straffung der Geschäftsbereiche. Laut der Studie habe sich die Anzahl an Attacken nicht verändert, indes sei aber die Anzahl bestehender Beteiligungen gestiegen. Das lässt darauf schließen, dass die neue Strategie der aktivistischen Investoren auf Langfristigkeit ausgelegt ist. 

Auch Elliott verfolgt neuerdings eine langfristige Strategie: Abgesandte in Gremien zu schicken und Unternehmen von der Börse zu nehmen ist ein Novum. Unternehmen sollen so auf einen Ziel-Wert “getrimmt” werden, um später mit mit einem höheren Verkaufspreis Gewinne zu erzielen. 

Die BCG-Studie untersucht auch, wie sich das Bild von Hedgefonds-Aktivisten gewandelt hat. Vor allem ESG-Themen seien für die Einmischung in die Unternehmensführung relevant. Die Aktivisten drängen damit beispielsweise auf die schnelle Umsetzung von Klimaschutzplänen. 

Nach diesem Prinzip versuchte jüngst der Investor Enkraft Capital bei RWE (WKN: 703712 ; ISIN: DE0007037129) das Braunkohlegeschäft abzuspalten, scheiterte aber mit diesem Antrag an der Hauptversammlung. Anders als in den USA finden solche Attacken in Deutschland üblicherweise aber nicht öffentlich statt, da diese Strategie zu teuer und riskant ist. 

Die Studie wurde noch vor dem Krieg in der Ukraine durchgeführt, der die Aktivitäten der Investoren gebremst hat. Doch ist zu erwarten, dass die Krise zukünftig neue Angriffspunkte für Hedgefonds-Aktivisten bietet, was deren Anzahl steigern könnte. Vor allem die Schwankungen an der Börse können Schwächephasen für Unternehmen begünstigen. Zukünftig seien, laut den Urhebern der Studie, vor allem Angriffe auf die Automobil- und Energiebranche zu erwarten. Zum Schutz müssten Unternehmen deswegen bereits jetzt überprüfen, ob Hedgefonds-Aktivisten unter den Investoren seien, da diese oft nicht sofort mit den Angriffen beginnen würden. 

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