Der Ukrainekrieg, eine inflationäre Währung und eine angeschlagene, globale Weltwirtschaft: In Anbetracht dieser Schlagworte scheinen Kursgewinne von über 70 Prozent als äußerst unwahrscheinlich. Doch die Geldpolitik von Präsident Recep Erdogan macht dies möglich. Obwohl Aktien und Indizes unter massivem Druck stehen, erzielen einige Werte zweistellige Kursgewinne.
Istanbul
Auch die türkische Wirtschaft leidet sowohl unter dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine als auch unter Lieferengpässen, der Inflation und den fallenden Kursen aufgrund der Leitzinserhöhungen in den USA und in der EU. Dennoch zählt die Börse in Istanbul zu den stärksten der Welt. Während Börsen, Wertpapiere und Indizes wie der S&P 500, die Nasdaq, der Dow Jones oder der DAX unter den wirtschaftspolitischen Umständen leiden, wird die türkische Wirtschaft mit unorthodoxen Methoden am Laufen gehalten.
Leitzinssenkung trotz Inflation
Die Türkei besitzt eine der höchsten Teuerungsraten der Welt. Die Inflationsrate beträgt derzeit knapp 16,19 Prozent. Dennoch senkte die Zentralbank erneut die Zinsen. Die Inflation befindet sich auf einem 24-Jahres-Hoch und die Lira auf einem Rekordtief. Sahap Kavcioglu, Führung des geldpolitischen Ausschusses, senkte den Zinssatz von 13 auf zwölf Prozent. Der Ausschuss begründete den Zinsschritt mit den Worten “Dynamikverlust der Wirtschaftstätigkeit”.
Profiteure der schwachen Währung
Die Geldpolitik der türkischen Zentralbank hat die Inflation auf 80 Prozent getrieben. Der Lira hat seit Jahresbeginn mehr als ein Viertel an Wert verloren. Was einer Wirtschaftskrise gleicht, hat viele Unternehmen gerettet: Sowohl exportorientierte Konzerne als auch mittelständische Unternehmen haben von der Inflation profitiert. So konnten Produkte im Ausland günstiger veräußert werden.
Aktien als Investitionsmöglichkeit
Die türkische Börse boomt - zahlreiche Konzerne erleben eine Hausse wie nie zuvor. Das türkische Automobil-Joint-Venture Ford Otosan erwirtschaftete im ersten Quartal dieses Jahres einen Nettogewinn von umgerechnet 180 Millionen Euro, 54 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch beim Fahrzeugproduzenten Otokar stieg der Nettogewinn um 87 Prozent, bei der Garanti Bank um 206 Prozent und beim Eisenhersteller Kardemir um 121 Prozent.