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Japan liegt hinter Deutschland

Japan liegt im Ranking der größten Volkswirtschaften der Welt nun hinter Deutschland auf Platz vier.

Deutschland hat Japan von Platz drei der größten Volkswirtschaften der Welt verdrängt und rangiert nun direkt hinter den USA und China. Nach Angaben der japanischen Regierung wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 inflationsbereinigt um 1,9 Prozent, während es in Deutschland um 0,3 Prozent schrumpfte. Doch wegen der starken Abwertung des Yen kam die älteste Industrienation Asiens in Dollar gerechnet nur auf 4,23 Billionen Dollar, Deutschland dagegen auf 4,43 Billionen Dollar.

Es scheint, dass Japans geldpolitischer Sonderweg nun Konsequenzen zeigt. Nachdem die Bank of Japan nicht den Zinserhöhungen anderer Notenbanken folgte, verlor der japanische Yen im vergangenen Jahr gegenüber dem US-Dollar 14 Prozent und gegenüber dem Euro 13 Prozent an Wert. Dieser Verlust wurde durch die wachsende Zinsdifferenz zwischen Japan und dem Rest der Welt verstärkt, was dazu führte, dass die Märkte den Yen als Billigwährung betrachteten.

Gleichzeitig ist die Wirtschaftsleistung von Oktober bis Dezember geschrumpft. Im Vergleich zum Vorquartal sank die Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent, was bereits das zweite Quartal in Folge ist, in dem ein Rückgang verzeichnet wurde. Ökonomen hatten hingegen mit einem Wachstum von 0,2 bis 0,3 Prozent gerechnet. Stefan Angrick von Moody’s Analytics beurteilt daher: “Japans Wirtschaft befindet sich in einer schwachen Verfassung.”

Mit zwei aufeinanderfolgenden Minusquartalen befindet sich Japan laut Volkswirten in einer technischen Rezession. Analyst Stefan Angrick führt dies auf die “unglaublich schwachen” Daten für den privaten Konsum zurück, der mehr als die Hälfte der japanischen Wirtschaftstätigkeit ausmacht. Der private Konsum ging um 0,2 Prozent zurück, während Ökonomen einen Anstieg von 0,1 Prozent erwartet hatten. Auch die Unternehmensinvestitionen sind zum dritten Mal in Folge gesunken. Darüber hinaus liegt das BIP nur knapp über dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

Selbst der einzige Lichtblick, der positive Beitrag des Außenhandels, kann die Aussichten nicht verbessern. Toshihiro Nagahama, Chefökonom des Dai-ichi Life Research Institute, prognostiziert, dass das BIP auch im dritten Quartal in Folge sinken wird. Neben der schwachen Konjunktur wurde Zentraljapan Anfang des Jahres von einem schweren Erdbeben erschüttert. Zudem mussten Tochterunternehmen des japanischen Autobauers Toyota wegen Skandalen um gefälschte Zulassungstests den Verkauf vieler Modelle einstellen.

Trotz der negativen Nachrichten setzten die Anleger ihre Rekordjagd fort. Der Nikkei-Index stieg um 1,2 Prozent auf 38.157 Punkte und lag damit nur knapp unter dem Rekordstand von 1989. Einerseits hoffen die Anleger darauf, dass ein schwacher Yen die Bilanzen der Exportindustrie durch günstigere Umrechnung von Auslandsgeschäften verbessert. Andererseits glauben sie, dass Japan vor einer Reformwelle steht. Die Regierung treibt Reformen in der Corporate Governance voran, mit dem Ziel, Unternehmen zu mehr Effizienz und Profitabilität zu motivieren. Zusätzlich fördert die Regierung Investitionen in neue Maschinen und die Digitalisierung.

Die schwache Konjunktur stellt zwei Hoffnungsträger der Regierung in Frage: kräftige Lohnerhöhungen und eine Zinswende der Notenbank. Die Regierung setzt darauf, dass die Löhne deutlich stärker steigen als die derzeitige Inflationsrate von 2,3 Prozent, um die lahme Nachfrage anzukurbeln. Allerdings könnten die Unternehmen, wenn die Konjunktur schwach bleibt, zurückhaltender sein und die Löhne weniger stark erhöhen als im vergangenen Jahr. Damals lag der Lohnzuwachs bei den Großkonzernen durchschnittlich bei 3,7 Prozent, was ungefähr dem Niveau der Inflation entsprach.

Die schwache Konjunktur stellt zwei Hoffnungsträger der Regierung in Frage: kräftige Lohnerhöhungen und eine Zinswende der Notenbank. Die Regierung setzt darauf, dass die Löhne deutlich stärker steigen als die derzeitige Inflationsrate von 2,3 Prozent, um die lahme Nachfrage anzukurbeln. Allerdings könnten die Unternehmen, wenn die Konjunktur schwach bleibt, zurückhaltender sein und die Löhne weniger stark erhöhen als im vergangenen Jahr. Damals lag der Lohnzuwachs bei den Großkonzernen durchschnittlich bei 3,7 Prozent, was ungefähr dem Niveau der Inflation entsprach.

Für die Geldpolitik könnte diese Gemengelage zu einem Problem werden. Bisher gehen die Märkte davon aus, dass die Bank of Japan den Leitzins von derzeit minus 0,1 Prozent im Frühjahr leicht anheben wird. Allerdings hatte die Notenbank bisher als Voraussetzung für diesen Schritt ein robustes Wachstum und vor allem gute Lohnzuwächse genannt. “Die Daten machen es der Zentralbank schwer, eine Zinserhöhung zu rechtfertigen, ganz zu schweigen von einer Serie von Zinserhöhungen“, meint Volkswirt Angrick.

Die geschwächte Währung ist aber nicht die einzige Ausrede, da Japan über 50 Prozent mehr Einwohner als Deutschland verfügt. Michiaki Tanaka, Professor an der Business School der Rikkyo-Universität, erklärt: „Der Hauptgrund ist, dass Japan ein billiges Land geworden ist.“

Der Yen ist lediglich ein Teil des Problems. Tanaka weist auch auf Japans niedrige Produktivität im Vergleich zu Deutschland hin. Im Produktivitäts-Ranking der OECD liegt Deutschland auf Platz neun, während Japan nur auf Platz 27 rangiert. Ein Arbeitnehmer in Deutschland erwirtschaftet pro Stunde kaufkraftbereinigt 63 Prozent mehr als in Japan.

Die geringe Produktivität beeinflusst die Preise für Güter, einschließlich der Arbeitskosten. Während Reallöhne in vielen anderen Ländern seit den 1990er-Jahren bis zur Coronapandemie stiegen, blieben sie in Japan nahezu unverändert. Angesichts dieser Erfahrung bevorzugen viele Japaner daher sparsames Verhalten.

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass auch die Außenwirtschaft an Dynamik verliert. Trotz der erheblichen Abwertung des Yen sind die Exporte weniger stark gestiegen als von vielen Experten prognostiziert. Parallel dazu könnte sich Japans Rückstand in der Digitalisierung negativ auf das BIP auswirken. Shigeto Nagai, Japan-Ökonom bei Oxford Analytics, prognostiziert, dass Japans Handelsbilanz im Dienstleistungsbereich in den kommenden Jahren negativ ausfallen wird.

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