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Zwischen Insolvenzverfahren und Veruntreuung

Der Skandal um die Handelsplattform FTX.

Die Handelsplattform für Kryptowährungen FTX befindet sich seit dem 11. November dieses Jahres in einem Insolvenzverfahren. Das zahlungsunfähige Unternehmen sprach zu Beginn des Monats noch von “unautorisierten Transaktionen”, Medien vermuteten einen Hackerangriff. Mittlerweile sind sich Experten sicher, dass FTX-Kundengelder im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar veruntreut hat. 

Insgesamt nutzte FTX Gelder von Usern in Höhe von zehn Milliarden Dollar, um Löcher beim Hedgefonds Alameda zu stopfen. Sowohl Alameda als auch FTX wurden von Sam Bankman-Fried ins Leben gerufen. FTX besitzt rund 90 Prozent des Hedgefonds. Philipp Sandner, Leiter des Blockchain-Centers der Frankfurter School of Finance erklärte, dass das Geld der rund eine Million Kunden vermutlich weg sei und es wenig Hoffnung für die Anleger gebe. 

Der FTX-Insolvenzverwalter John Ray erklärte am vergangenen Donnerstag: 

“Noch nie in meiner beruflichen Laufbahn habe ich so ein vollständiges Versagen der Unternehmenskontrollen und ein solches Fehlen vertrauenswürdiger Finanzinformationen gesehen wie hier”, ein vernichtendes Urteil des Experten. 

Das private Unternehmen FTX wurde 2019 von Sam Bankman-Fried gegründet. Mittlerweile leitet CEO John J. Ray III die Handelsplattform. FTX ist in Antigua und Barbuda registriert und hat seinen Sitz in Nassau, der Hauptstadt des karibischen Inselstaates Bahamas. Im Juli vergangenen Jahres verzeichnete die Plattform ein durchschnittliches Handelsvolumen von 10 Milliarden Dollar. 

Durch die Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmens wurde versucht, mit der Krypto-Exchange Binance eine Lösung zu finden. Nach einer Prüfung der Geschäftsunterlagen lehnte Binance jedoch ab. Die Probleme bei FTX seien “zu groß und außerhalb unserer Kontrolle, als dass wir helfen könnten”, teilte Binance am vergangenen Mittwoch mit. Nach Einschätzung von Medienexperten ist es wahrscheinlich, dass Bankman-Fried im Zuge der FTX-Entwicklung rund 15 Milliarden Dollar, etwa 95 Prozent seines Vermögens, verloren hat. 

Eine ganze Branche bangt ums Überleben

Der schwächelnde Bitcoin ist maßgeblich mitverantwortlich für die geringe Marktkapitalisierung an den Börsen. Durch den FTX-Skandal befindet sich die globale Kryptowelt jedoch nun in einer Abwärtsspirale. Die Veruntreuung der Kundengelder hat die digitalen Vermögenswerte in eine tiefe Vertrauenskrise gerissen. In der vergangenen Woche haben Anleger Bitcoin im Wert von 3,7 Milliarden Dollar von großen Börsen angezogen. Bei Ethereum, der zweitgrößten Währung, waren es 2,5 Milliarden Dollar. 

Schon öfters kam es bei einzelnen Börsen und Kryptowährungen zu Hackerangriffen. Zwar gelten Kryptowährungen auf Blockchains als äußerst sicher, jedoch wurde Mitte Dezember 2021 der Coin “Vulcan Forged” gehackt. Knapp 140 Millionen US-Dollar wurden erbeutet und der Coin brach um über 25 Prozent ein. 

Kryptowährungen gelten im Allgemeinen als höchst volatil und unberechenbar, was viele Interessenten anlockt. Doch im Hinblick auf die Insolvenz und Veruntreuung ist es kein Wunder, dass viele um die Sicherheit ihrer Vermögenswerte bangen. 

Der Bitcoin im Abwärtstrend

Seit Ende Juli hat sich der Wert des Bitcoin konsolidiert, das heißt, er befindet sich in einer Seitwärtsbewegung. Viele spekulierten und hofften auf eine Renaissance der Mutter aller Kryptowährungen. Wer jedoch dachte, dass der Leit-Coin nicht tiefer fallen kann, wurde eines besseren belehrt. In den ersten zwei Novemberwochen fiel der Bitcoin um über 25 Prozent auf einen zwischenzeitlichen Wert von 15400 USDT.  JP Morgan rechnet zudem damit, dass der Bitcoin-Kurs auf 13.000 Dollar fallen könnte.

Entscheidend hierbei ist zu wissen, dass der Bitcoin die Entwicklung des ganzen Krypto-Sektors mitbestimmt. Der Bitcoin hat die größte Marktkapitalisierung von fast der Hälfte des gesamten Kryptomarktes. Er verfügt auch über eine höhere Liquidität mit einem ständig steigenden täglichen Handelsvolumen. Der beträchtliche Marktanteil des Bitcoin macht ihn äußerst einflussreich und reguliert die Preisbewegungen der anderen digitalen Währungen. Alle anderen Tokens verhalten sich entsprechend der Leistung des Bitcoins, sie steigen, wenn der Bitcoin wächst, und sinken, wenn der Bitcoin fällt. Infolgedessen befinden sich die Handelsplattform FTX und der Bitcoin in einem wechselseitigen Verhältnis. Durch den Hackerangriff ist der Bitcoin gefallen, was dazu geführt hat, dass alle anderen Coins gefallen sind, wodurch den Börsen die notwendige Liquidität fehlt. Ein Abwärtsstrudel, bei dem sich die Akteure gegenseitig determinieren. Innerhalb von zwei Wochen sank die Marktkapitalisierung von 1,05 Billionen US-Dollar auf etwa 830 Milliarden. Somit sind rund 220 Milliarden an digitalen Krypto-Vermögen zerstört, was einem Minus von 21 Prozent entspricht. 

Wissenswertes: 

Schon in vergangenen Artikeln wurde über El Salvador berichtet, welches als einziges Land der Welt den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel eingeführt hat. Wie steht es nun um den Staat in Zentralamerika? 

Obwohl El Salvador um die Staatsfinanzen bangt, lässt sich Präsident Bukele nicht vom Abwärtstrend des Bitcoin beeindrucken: “We are buying one Bitcoin every day starting tomorrow”, verkündete der Staatschef vergangene Woche auf der Bloggingplattform Twitter. Ricardo Castaneda vom Zentralamerikanischen Institut für fiskalische Studien (ICEFI) warnt vor einem Staatsbankrott. Er geht von einem Wertverlust des Bitcoins in El Salvador von rund 67 Prozent seit Einführung aus. Castaneda schätzt die Verluste für die Staatsfinanzen bisher auf etwa 70 Millionen Dollar. „Das entspricht dem kompletten Budget des Landwirtschaftsministeriums.“ Und das in einem Land, in dem die Hälfte der Bevölkerung unter Ernährungsunsicherheit leidet.

Eine eigene Währung hat El Salvador seit rund 20 Jahren nicht mehr. Das offizielle Zahlungsmittel, der El-Salvador-Colón, wurde 2001 abgeschafft und durch den US-Dollar ersetzt. 

Das sind die Aussichten:

Kryptowährungen sind längst ein fester Bestandteil unserer gegenwärtigen Finanzwelt. “Die vollständige und radikale Digitalisierung unserer Finanzwelt erscheint unausweichlich”, erklärt Elisa Spiess, Gründerin des Unternehmens Femme Capital. Viele Anleger hoffen jedoch auf eine Trendwende. Der Markt ist gegenwärtig höchst spekulativ und unreguliert, weshalb zu Vorsicht geraten wird. Tendenziell sollte nie mehr investiert werden, als man bereit ist, zu verlieren. Auch sollten Handelsplattformen gewählt werden, die über Ableger in der EU oder den USA verfügen. 

Derweil sucht Bankman-Fried offenbar nach neuen Investoren, wie das “Wall Street Journal” am vergangenen Dienstag mitteilte. Diese sollen die Liquiditätslücke schließen, um die bis zu eine Million FTX-Kunden zu entschädigen. Es wird sich zeigen, inwieweit der ehemalige Milliardär seine Handelsplattform wieder aufleben lassen kann. 

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