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Nuklear-Hype in Afrika:

Immer mehr afrikanische Länder planen den Einstieg in die Atomkraft

Eine exklusive Analyse des neuen “World Nuclear Industry Reports” zeigt, dass etliche afrikanische Staaten den Bau von Atomkraftwerken ankündigen. Dies geschieht trotz der Tatsache, dass weltweit mehr Atomkraft vom Netz genommen als neu hinzugebaut wird. Bislang steht das einzige Atomkraftwerk des Kontinents in Südafrika.

Der “World Nuclear Industry Report”, der unter anderem von der Heinrich-Böll-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung in Auftrag gegeben wird, bietet einen umfassenden Überblick über die globale Atomindustrie. In Kenia etwa plant die Regierung das erste Atomkraftwerk des Landes in einem Naturschutzgebiet. Dies stößt auf erheblichen Widerstand. Der Umweltaktivist Anthony Kingi kritisiert: 

“Wir haben keine nukleare Infrastruktur, ein instabiles Stromnetz und kein Regelwerk für den Umgang mit Atommüll oder gar Störfällen.” Er beklagt auch den Mangel an Transparenz im Planungsprozess. Die kenianische Atombehörde “Nuclear Power and Energy Agency” (“Nupea”) zeigt sich von der Kritik unbeeindruckt. Basset Buyukah, ein führender Manager der Behörde, betont: “Wir werden ein Atomkraftwerk bauen, das steht außer Frage.” Er argumentiert, dass viele andere afrikanische Länder sich ebenfalls der Atomkraft zuwenden und Kenia hier nicht den Anschluss verpassen dürfe.

Experten gehen aktuell davon aus, dass mehrere afrikanische Länder konkrete Pläne zum Bau eines Atomkraftwerks haben. Bislang steht das einzige Atomkraftwerk des Kontinents in Südafrika. 16 Länder haben mit dem russischen Staatskonzern “Rosatom” Kooperationen zur Nutzung von Atomkraft vereinbart. Ghana hat kürzlich ein Abkommen mit dem Unternehmen “Nuscale Power” zum Bau eines sogenannten “Small Modular Reactors” (“SMR”) verkündet. 

Wissenswertes: Angesichts der Herausforderungen in vielen afrikanischen Ländern rücken die sogenannten “Small Modular Reactors” (“SMR”s) in den Fokus vieler Atomkraftbefürworter. Diese Kleinreaktoren zeichnen sich durch ihre Flexibilität aus und können auch in entlegenen Regionen eingesetzt werden. Im Vergleich zu konventionellen Kernkraftwerken produzieren SMRs deutlich weniger Energie. Befürworter argumentieren, dass dies zu einer erhöhten Sicherheit beiträgt und die Menge des anfallenden radioaktiven Abfalls reduziert. Die kompaktere Bauweise und geringere Leistung sollen potenzielle Risiken minimieren und gleichzeitig eine bessere Anpassung an lokale Bedürfnisse ermöglichen.

Trotz des wachsenden Interesses an den “SMR”s gibt es weltweit bislang noch keine in Betrieb befindlichen Pilotprojekte dieser Technologie. Die Umsetzung der “SMR”-Konzepte befindet sich noch im Anfangsstadium. Dennoch setzen einige afrikanische Länder wie Ghana, Nigeria und Ruanda große Hoffnungen in diese innovativen Kleinreaktoren und warten auf deren Verfügbarkeit. Im Gegensatz dazu verfolgen andere Staaten wie Äthiopien, Uganda, Sudan und Tansania einen konservativeren Ansatz und planen den Bau herkömmlicher Kernkraftwerke. Kenia wiederum verfolgt eine flexible Strategie und hält sich sowohl die Option für “SMR”s als auch für konventionelle Anlagen offen, um auf zukünftige Entwicklungen und Verfügbarkeiten reagieren zu können.

Der Grund für das generell wachsende Interesse an Atomkraft in Afrika liegt im rasanten Bevölkerungswachstum und der steigenden Nachfrage nach Strom. In Kenia beispielsweise ist der Anteil der ans Stromnetz angeschlossenen Bevölkerung von 10% vor 20 Jahren auf heute 75% gestiegen. Die Stromnachfrage wächst jährlich um fast 5%.

Trotz der ambitionierten Pläne gibt es erhebliche Herausforderungen. 

Das kenianische Stromnetz ist mit einer Gesamtkapazität von nur drei Gigawatt relativ klein und instabil. Landesweite Stromausfälle über mehrere Stunden sind keine Seltenheit. Experten warnen, dass ein stabiles Netz Voraussetzung für den sicheren Betrieb eines Atomkraftwerks ist. Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich Korruption und mangelnder Transparenz. Kenia liegt im Transparency-International-Korruptionsindex nur auf Platz 126 von 180 Ländern. Lokale Unternehmer und Energieexperten äußern Zweifel an der Fähigkeit des Landes, ein Atomkraftwerk sicher zu betreiben und den radioaktiven Abfall angemessen zu entsorgen.

Die Finanzierung der milliardenschweren Projekte ist in vielen Fällen noch ungeklärt. In Kenia wird ein möglicher Deal mit China, Südkorea oder den USA in Betracht gezogen. Ägypten, das als erstes afrikanisches Land außerhalb Südafrikas ein Atomkraftwerk baut, hat einen Kredit von 25 Milliarden Dollar von Russland erhalten.

Kritiker vermuten, dass der Nuklear-Hype in Afrika teilweise politisch motiviert ist, da insbesondere Russland und die USA in den afrikanischen Ländern aktiv für Atomkraft werben. Energieexperten argumentieren, dass der Ausbau dezentralisierter erneuerbarer Energien wie Wind und Solar in Kombination mit Speichern in vielen afrikanischen Ländern ökonomisch sinnvoller wäre.

Trotz aller Kritik und Herausforderungen halten viele afrikanische Regierungen an ihren Plänen zur Atomkraft fest. Sie sehen in der Kernenergie eine Möglichkeit, den wachsenden Energiebedarf zu decken und ihre Volkswirtschaften zu industrialisieren. Die Zukunft wird zeigen, ob und wie diese ambitionierten Pläne umgesetzt werden können und welche Auswirkungen sie auf die Energieversorgung und Entwicklung des Kontinents haben werden.

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