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Die Verstaatlichung von Chiles Lithium-Abbau und die Auswirkungen auf den Markt

Droht den börsennotierten Unternehmen der wirtschaftliche Abschwung?

Derzeit verfügt Chile über das drittgrößte Lithiumvorkommen weltweit. Im Zuge dessen plant der chilenische Präsident Gabriel Boric, die Mehrheit an allen Förderunternehmen zu halten. Kurz nach der Bekanntgabe sind Chiles größte Lithiumunternehmen an den Börsen eingestürzt. Aktionär:innen sind besorgt, wie es in naher Zukunft weitergehen wird. 

Chiles Lithium-Strategie 

Um einen Nutzen aus den natürlichen Vorkommen zu ziehen, plant die Regierung, den Abbau des Leichtmetalls stärker zu kontrollieren. So müssen alle privaten Unternehmen in Zukunft mit dem chilenischen Staat zusammenarbeiten. Dies kündigte Präsident Gabriel Boric in der Nacht zum vergangenen Freitag an. 

So könnten Privatunternehmen in neuen Gemeinschaftsunternehmen maximal einen Anteil von 49,9 Prozent haben. „Chile verfügt über eines der größten Lithiumvorkommen der Welt. Wir können es uns nicht erlauben, keinen Nutzen daraus zu ziehen“, erklärte der Staatschef. Allerdings bedarf es für dieses Unterfangen die Unterstützung einer absoluten Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses. Infolgedessen ist eine zeitnahe Übernahme unwahrscheinlich. 

Gegenwärtig wird Lithium von den Privatunternehmen “SQM” und “Albemarle” im einzigen aktiven chilenischen Abbaugebiet gefördert. Die Verträge laufen 2030 und 2043 aus. Die Regierung plant jedoch, die Verträge noch vor Ablauf nachzuverhandeln und die Kontrolle über den Abbau zu übernehmen. 

Einzelwerte und Preisentwicklung

SQM: Die Sociedad Química y Minera (SQM) (ISIN: US8336351056 ; WKN: 895007) ist ein chilenischer Chemiekonzern und nach eigenen Angaben der weltweit größte Hersteller von Kaliumnitrat und Iodprodukten und einer der größten Produzenten von Lithiumsalzen. Zudem produziert SQM in großem Maße Düngemittel und konnte im Jahr 2019 einen Umsatz von 1,944 Milliarden US-Dollar erzielen. 

Mit einer Marktkapitalisierung von 16,58 Milliarden US-Dollar zählt das Unternehmen zu den Riesen seiner Branche. Allerdings musste es gegen Ende der letzten Woche einen Verlust von fast 19 Prozent hinnehmen. So fiel der Kurs am Donnerstag von 71,20 Euro bis Freitag auf 58 Euro und erreichte sein 52-Wochen-Tief.

Albemarle: Das US-amerikanische Chemieunternehmen (ISIN: US0126531013 ; WKN: 890167) stellt neben Lithiumprodukten auch Flammschutzmittel, Katalysatoren und Chemikalien zur Oberflächenbehandlung her. Albemarle ist durch die Übernahme des Konkurrenten Rockwood im Jahr 2015 eigenen Angaben zufolge zum weltgrößten Produzenten von Lithium und Lithiumverbindungen aufgestiegen und erwirtschaftete damit 2021 rund 41 % des Konzernumsatzes.  

Die Folgen der Bekanntgabe des chilenischen Präsidenten sind auch bei diesem Einzelwert zu spüren. 

Seit November vergangenen Jahres befinden sich die Wertpapiere in einem stetigen Abwärtstrend. Zur damaligen Zeit konnte ein Allzeithoch von über 316 Euro erzielt werden. Aktuell notieren die Aktien bei gut 162 Euro, was einem Abschwung von fast 50 Prozent entspricht. Allein von Donnerstag bis Freitag verloren die Aktien über 10 Prozent an Wert. 

Widerstand im „Lithiumdreieck”

Argentinien, Chile und Bolivien werden als "Lithiumdreieck" gesehen, das ist eine weitere kolonialistische Logik, um metallische Rohstoffe wie Lithium zu gewinnen. Um E-Autos zu produzieren, die dann in den Industrieländern gefahren werden. Ohne Respekt vor der Natur, lokaler Lebensweise, Territorien und Menschenrechten”, erklärte Guadalupe Rodríguez, Lateinamerika-Referentin von “Rettet den Regenwald”. 

Auch in Bolivien hofft die Bevölkerung auf ein steigendes Wirtschaftswachstum durch den Abbau von Lithium. Expert:innen schätzen die Vorkommen in Bolivien auf 21 Millionen Tonnen. Auch zwischen deutschen Unternehmen und der bolivianischen Regierung um Präsident Luis Arce wird verhandelt. 

In Argentinien hat der Kampf um Marktanteile längst begonnen: Zuletzt versuchten kanadische, englisch-australische und südkoreanische Firmen, in den südamerikanischen Staat zu expandieren. Allerdings stoßen sie ähnlich wie in Chile und Bolivien auf Widerstand von Umweltschützern, die wegen der wasserintensiven Förderung besorgt sind. Deutsche Firmen beteuern allerdings, es werden Gesetze eingehalten und die Förderung umweltverträglich umgesetzt. Hinzu kommt, dass sich die Vorkommen häufig in indigenen Territorien befinden. 

Lithium - Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten: 

Lithium gilt als zentraler systemrelevanter Rohstoff für Schlüsseltechnologien. Die Elektronifizierung benötigt das Metall für Smartphones, Laptops, Akkuwerkeugen, Hybridautos, Elektroautos und E-Bikes. Aus diesem Grund wird das leichteste aller Metalle schon als das “weiße Gold” bezeichnet. Allein im Jahr 2020 wurden Lithium-Ionen-Akkus im Wert von 5,4 Milliarden Euro nach Deutschland importiert, was einem Anstieg von mehr als 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. 

Selbst neuartige, leistungsstärkere Batterien wie die am deutschen Fraunhofer-Institut entwickelte sogenannte „Superbatterie“ oder die neue Lithium-Eisenphosphat-Batterie von Tesla benötigen als zentralen Bestandteil den Rohstoff Lithium. Gleiches gilt auch für die Erfindung eines besonders leistungsfähigen, leichteren und umweltfreundlichen Lithium-Schwefel-Akkus. 

Infolgedessen ist die Nachfrage nach Lithium massiv gestiegen. In der Zeit von 2016 bis 2020 nahm die weltweite Lithiumproduktion um fast 120 Prozent zu. Die Lithium-Nachfrage aus dem Akku- und Batteriesektor werde deshalb von geschätzten 641.000 Tonnen Lithiumcarbonat im Jahr 2022 bis 2030 auf mehr als 2 Millionen Tonnen steigen. Einige Analysten rechnen damit, dass das Angebot möglicherweise bald nicht mehr ausreicht, um die Nachfrage zu decken und es zu einer tatsächlichen Knappheit des Rohstoffs kommen könnte. 

Fazit

Es bleibt zunächst fraglich, ob der chilenische Präsident Gabriel Boric die Mehrheit im Parlament erlangt und ob die Übernahme in naher Zukunft überhaupt gelingen kann. Obwohl Chile über das drittgrößte Lithiumvorkommen der Welt verfügt, rücken gerade Unternehmen, die in Ländern wie Kanada, Argentinien oder Bolivien Lithium abbauen, wieder mehr in den Fokus der Investor:innen. Auch wenn die mögliche Verstaatlichung ein essentieller Faktor für Chiles Wirtschaft ist, sehnen sich rohstoffaffine Aktionär:innen nach Unternehmen mit Expansionsmöglichkeiten. Selbst wenn die Chemiekonzerne “SQM” und “Albemarle” von anderen Metallen profitieren, dürfte es vermutlich eher zu einem weiteren wirtschaftlichen Abschwung kommen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die wirtschaftspolitische Situation in dem südamerikanischen Land weiterentwickelt.

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