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Der Rohstoff Nickel: Entwicklung und Preise

Wie sich der Nickelpreis seit Jahresbeginn entwickelte, welche Folgen ein dramatischer März an der Londoner Metallbörse hat und welche Zukunftsaussichten der Rohstoff bietet.

Das Legierungsmetall Nickel ist für die weltweite Auto-, Stahl und Batteriezellindustrie von großer Wichtigkeit. Zwar stammt der Großteil der Nickelvorkommen aus Indonesien und den Philippinen, aber rund ein Zehntel, zumal von hoher Qualität, wird aus Russland gewonnen. So hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine auch auf diesen Markt seinen Schatten geworfen.  

Noch Anfang 2022 lag der Preis einer Tonne Nickel bei 20.725,00 US-Dollar. Bis zum 23. Februar, dem Tag vor Kriegsbeginn in Osteuropa, stieg der Nickelpreis auf 24.944,00 US-Dollar pro Tonne. Am 8. März erreichte der Nickelpreis zeitweise die Marke von 100.000 US-Dollar pro Tonne. Als Reaktion setzte die Londoner Metallbörse LME (London Metal Exchange) den Handel von Nickel aus und stornierte bereits getätigte Geschäfte in Höhe von 4 Milliarden US-Dollar. Die LME nannte die Preisentwicklung “ordnungswidrig”. Zwei Wochen später war der Rohstoff wieder handelbar und bereits Ende März sank der Nickelpreis auf 32.724,00 US-Dollar pro Tonne und schwankte im April und Mai in etwa zwischen 25.000,00 und 30.000,00 US-Dollar. Zu Beginn der zweiten Juniwoche lag der Preis einer Tonne Nickel bei 29.387,50 US-Dollar (Stand 6.6.2022). Als Reaktion auf diese Turbulenzen führte die LME Preisgrenzen ein und gab bekannt, die Ursachen des Geschehens untersuchen zu wollen.

Experten sehen zwei Gründe für den rasanten Preisanstieg im März: Zum einen die Sorge vor Lieferengpässen infolge von wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland und die Geschäftstätigkeiten von Leerverkäufern, die auf fallende Nickelpreise gesetzt hatten um einen Wertabfall bestehender Rohstoffreserven auszugleichen. Um sich vor größeren Verlusten zu schützen, kauften die Shortseller daraufhin zusätzliche Mengen an Nickel, was zu dem rasanten Preissprung führte. Laut Commerzbank-Rohstoffexperte Daniel Briesemann (Commerzbank Aktie: WKN: CBK100 ; ISIN: DE000CBK1001) wurden viele Marktteilnehmer von den seit Jahresbeginn steigenden Preisen und dem Kriegsbeginn überrascht. Ein derartiger Preisanstieg als Folge von Leerverkäufen wird “Short Squeeze” genannt. Erwartungsgemäß normalisierten sich die Preise aber, nachdem dieser abgeklungen war. 

Juristisches Nachspiel für die LME 

Die britische Finanzaufsichtsbehörde FCA und die Regulierungsabteilung PRA der Bank of England gaben Anfang April bekannt die Unregelmäßigkeiten im Nickelhandel zu prüfen. Brisant sind vor allem die Shortsellertätigkeiten des chinesischen Metallmoguls Xiang Guangda und seines Eisen- und Nickelkonzerns Tsingshan Holdings, einem der größten Nickel- und Stahlproduzenten de Welt. Xiang setzte auf einen sinkenden Nickelpreis und hatte sich dazu eine Short Position über 150.000 Tonnen Nickel aufgebaut. Infolge des Preisanstiegs war Tsingshan gezwungen große Mengen Nickel aufzukaufen, was die Preisentwicklung befeuerte. Allein die Stornierung des Handels, die Schließung der Börse und mehrere hoher Kredite konnten Milliardenschäden für das Unternehmen abwenden. Der Verdacht steht im Raum, dass die Schließung des Handels und die damit verhinderten  Verluste für Xiang auf Druck der chinesischen Regierung veranlasst wurden. Die LME ist seit 2012 Eigentum des Hongkonger Börsenbetreibers HKEX (WKN: A0NJY9 ; ISIN: HK0388045442), der unter dem Einfluss Pekings stehen soll. 

HKEX gab ferner bekannt, dass der Hedgefonds Elliott gegen die LME wegen der Geschehnisse im März auf 456 Millionen US-Dollar Schadensersatz geklagt hat. Elliot klage auf einen Verstoß “gegen öffentliches Recht” und “eine Verletzung der Menschenrechte“, so HKEX. Elliott äußerte sich bisher nicht zu den juristischen Schritten. LME möchte der Schadensersatzforderung indes nicht nachkommen und betont, dass keine Vorteilsnahme für chinesische Unternehmen vorliege und durch die Entscheidungen im März der Gesamtmarkt geschützt worden sei. Es ist aber davon auszugehen, dass Elliott sich damit nicht zufriedengeben wird. In der Vergangenheit führte der Hedgefonds über 15 Jahre lang einen Rechtsstreit mit Argentinien über die Bedienung von Staatsanleihen. 

Die Zukunft des Nickels

Goldman Sachs-Analyst Nicholas Snowdon teilte in einem Bericht seine Einschätzung für die Zukunft der Edelmetalle mit, die in den folgenden Jahren, vor allem angesichts der gezielten Energiewende, eine hohe Nachfrage genießen werden, darunter neben Lithium und Kobalt auch Nickel. Seiner Einschätzung nach wird das Nickelangebot zwischen 2023 und 2025 jährlich acht Prozent zulegen, was gleichzeitig den Preis drückt. Er rechnet mit einem Nickelpreis, der sich bei etwa 30.250,00 US-Dollar einpendelt. Langfristig sei eine Investition in Nickel aber aussichtsreich, da die Nachfrage absehbar steigen würde. Auch Tesla-Chef Elon Musk (Tesla-Aktie: WKN: A1CX3T / ISIN: US88160R1014) fordert, dass weltweit mehr Nickel abgebaut wird und warnte bereits 2020 vor einer Nickelknappheit. 

In Deutschland wird ebenfalls etwa die Hälfte des verbrauchten Nickels aus Russland importiert. Die Bundesrepublik ist der viertgrößte Nickelverbraucher der Welt und der drittgrößte Importeur des Rohstoffes. Michael Szurlies von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe mahnt, die Einfuhrmöglichkeiten für Nickel zu diversifizieren. Hintergrund ist, dass die geplante Verkehrswende in Deutschland durch eventuelle Nickelknappheiten in eine Krise geraten könnte. Laut SPD-Europaparlamentarier Ismail Ertug sei europaweit geplant die Nutzungszeit von Batterien zu erhöhen. 

Die gestiegene Nachfrage nach Nickel und der höhere Preis für den Rohstoff spiegelt sich auch in den Aktien von Nickelherstellern wieder. Die Aktien des brasilianischen Bergbauunternehmens Vale (WKN: 897136 ; ISIN: BRVALEACNOR0) konnten seit Ende 2021 um 41,80% auf 17,20 EUR zulegen. Das Papier des Rohstoffhändler Glencore (WKN: A1JAGV ; ISIN: JE00B4T3BW64) legte um 40,93% auf 6,73 EUR zu und der indonesische Nickelproduzent Aneka Tambang (WKN: A0MW2K ; ISIN: ID1000106602) notiert bei 0,14 EUR rund 16,62% über den 0,12 EUR Ende letzten Jahres.

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