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Der Gas- und Ölmarkt in Deutschland - Ursachen und Perspektiven

Die Gas- und Ölpreise sind aufgrund einer Vielzahl von Faktoren äußerst volatil und unterliegen einer ständigen Veränderung.

Von geopolitischen Konflikten über Angebot und Nachfrage bis hin zu Umweltauflagen und Wetterbedingungen - all diese Elemente beeinflussen die Energiepreise in Deutschland. Doch wie sind die Aussichten?

Die Ölpreisentwicklung im Überblick:

Gegenwärtig sind die Heizölpreise in Deutschland vergleichsweise hoch. So kostet ein Barrel Öl (159 Liter) der Nordseesorte “Brent” bei aktuell 85 US-Dollar. Ein Barrel der US-Sorte “West Texas Intermediate” (“WTI”) kostet 83 Dollar (Stand: 06.11.2023). Zu Beginn des Jahres lag der Ölpreis in einem ähnlichen Segment, nämlich bei rund 86 Dollar. Vor 52 Wochen waren es noch 96 Dollar, seitdem ist der Preis um über 12 Prozent gesunken.

Wie setzt sich der Heizölpreis zusammen?

Der Ölpreis bezeichnet ein auf dem Markt festgelegtes Austauschverhältnis für eine bestimmte Menge an Ölsorte. Diese unterscheiden sich aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung, der Energiedichte und ihres Schwefelgehalts. Ein großer Teil des realen internationalen Ölhandels findet ohne Börsenbeteiligung direkt zwischen Lieferant und Abnehmer statt. Die Preise orientieren sich dabei an den Kursen der internationalen Ölbörsen New York Mercantile Exchange (NYMEX), ICE Futures in London, Rotterdam (ARA), Chicago (CBoT), Shanghai (SHFE) und der Singapore Exchange (SGX). Wichtigste Rohölsorten sind in diesem Zusammenhang “Brent” für Europa und “WTI” für Nordamerika. Dabei stellt “Brent” die Referenzsorte für den Weltmarkt dar. Die Preise von etwa 60 Prozent der weltweit gehandelten Ölsorten orientieren sich daher am “Brentpreis”.

Ebenfalls erhebt der Staat Abgaben wie Energiesteuer, Mehrwertsteuer und eine CO2-Steuer, die jährlich steigt. Die CO2-Steuer liegt aktuell bei 30 Euro pro Tonne und steigt von Jahr zu Jahr weiter. Ab 2024 soll er auf 40 Euro pro Tonne steigen, ab 2026 soll er zwischen 55 und 65 Euro pro Tonne liegen.

Weitere Faktoren:

Es lassen sich noch weitere Aspekte feststellen, die dazu führen, dass die Heizölpreise kurzfristig schwanken. Steffen Bukold, Leiter des Beratungsbüros EnergyComment, sagt: „Zum Rohölpreis kommen die Marge der Ölraffinerie, der aktuelle Wechselkurs zwischen Euro und Dollar und die Marge der Heizölhändler. Wenn Heizöl in Deutschland gerade eher knapp ist, kann die Händler-Marge merklich steigen.“

Heizöl sei im vergangenen Jahr ein extrem lukratives Geschäft für den Handel gewesen, da Lieferausfälle nicht auszuschließen seien. „In der Gemengelage von Gerüchten, Ängsten und Prognosen stiegen die Händler-Margen immer wieder auf ein Rekordniveau“, so Bukold.

Verbraucherschützerin Wallraf erklärt: „Manchmal führen einzelne Ereignisse zu einer Reaktion der Heizölkunden. Als beispielsweise der CO2-Preis für Heizöl in Deutschland eingeführt wurde, haben viele Menschen noch schnell gegen Jahresende Öl bestellt, um den CO2-Preis nicht zahlen zu müssen, der ab dem Folgejahr galt.

Öl-Embargo und Geisterflotten: 

Am 5. Dezember 2022 entschied die Europäische Union (EU), dass russisches Rohöl mehr über See in die EU fließen darf. Dies betrifft zwei Drittel der russischen Öllieferungen. Zeitgleich wird ein Preisdeckel für russisches Öl eingeführt, gemeinsam mit den G7-Staaten. Mit diesem Öl-Embargo soll „maximaler Druck auf Russland ausgeübt werden, um den Krieg zu beenden”, so Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, zur damaligen Zeit via Twitter. Es handele sich um eine wichtige Botschaft an die Ukraine, an Russland und die Menschen in der EU. 

Zuletzt berichteten jedoch Nachrichtenmagazine wie das ZDF, dass alte Tanker russisches Öl über die Ostsee in Richtung Atlantik befördern und somit das Embargo übergehen. Es handele sich um eine Geisterflotte mit über 1000 Schiffen, die mit sanktioniertem Öl beladen werden. Von dort fahren sie über die Ostsee auf die Weltmeere und transferieren das Öl auf Schiffe, die von den westlichen Sanktionen gegenüber Russland ausgenommen sind.

Russische Ölhäfen befinden sich in Ust-Luga in der Ostsee, nahe der estnischen Grenze und im weiter nördlich gelegenen Primorsk. Vom 1. bis zum 10. August wurden allein in diesen zwei Häfen rund 1,6 Millionen Tonnen russisches Öl umgeschlagen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. 

Wie entwickelt sich der Heizölpreis?

Selbst kleinste Faktoren wie das Wetter können sich auf die Preisentwicklung auswirken. Auch geopolitische Faktoren wie der Israel-Konflikt können sich auf den Preis auswirken. Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges birgt auch ein erhöhtes Risiko für größere Preisdynamiken. Im deutschen Heizölmarkt gibt es laut dem Experten Bukold grundsätzlich Preisunterschiede zwischen verschiedenen Regionen. Er sagt: „Es ist nicht immer ganz klar, woher diese Unterschiede kommen. Kundendichte, die Nähe zu Tanklagern oder Raffinerien und die Konkurrenzsituation bei den Händlern spielen eine Rolle.“ Allerdings lohne es sich nur selten, in weiter entfernten Regionen zu bestellen, da so die Transportkosten steigen würden. 

Verbraucherschützerin Wallraf rät: „Am besten sollten Verbraucher sich auf Vergleichsportalen informieren und sich von mehreren Händlern Preise für ihre nächste Heizöllieferung anbieten lassen.“  Auch der Heizölexperte Bukold erklärt: „Günstige Zeitpunkte können im Sommer, aber auch im Winter liegen. Wer zweimal pro Jahr bestellt statt nur einmal, streut das Risiko, hat dann aber einen höheren Literpreis wegen der geringeren Bestellmenge.

Der Gasmarkt im Überblick:

Ein ähnliches Bild wie beim Öl zeichnet sich bei den Gaspreisen ab. Jedoch sind hier die Gaspreise deutlich gefallen und befinden sich seit Monaten auf einem stabilen Niveau. Dieses liegt im Vergleich immer noch deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Derzeit kostet eine Megawattstunde am niederländischen Großhandelsplatz TTF um die 50 Euro. Der TTF-Kontrakt gilt als Richtschnur für das europäische Preisniveau. Seit Mitte Dezember zeigt die Tendenz beim Gaspreis nach unten. 

Warum sinkt der Gaspreis? 

In den Frühjahrsmonaten wurde auf dem Markt bereits auf die milden Temperaturen verwiesen. Diese hielten den Verbrauch vergleichsweise niedrig. „Was wir sehen, ist ein Stück weit auch eine Normalisierung“, erklärt Gasexperte Andreas Schröder vom Marktforschungsunternehmen ICIS. Den Anstieg während der akuten Energiekrise habe man in Teilen zwar mit dem gesunkenen Angebot aus Russland erklären können, „aber nicht in dem Ausmaß“. 

Seitdem beruhigen verschiedene Faktoren den Gasmarkt. Besonders die vollen Gasspeicher und die sinkende Nachfrage sind für die niedrigen Preise verantwortlich. Allerdings muss beachtet werden, dass sich die Preise auf einem historisch hohen Niveau befinden. Zum Vergleich: In den Jahren zuvor kostete eine MWh Gas lediglich zwischen 10 und 20 Euro. 

Die Haushalte in Deutschland bleiben aller Voraussicht nach in der kommenden Heizperiode von den Rekordpreisen des vergangenen Jahres verschont“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. „Das Preisniveau ist jedoch nach wie vor hoch und die Gasmärkte nervös. Weitere Preisnachlässe sind daher aktuell nicht zu erwarten.

Wie setzt sich der Gaspreis zusammen? 

Der Gaspreis für Endverbraucher setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen, aus den Beschaffungs- und Vertriebskosten, aus Entgelten für die Netznutzung, Steuern und Umlagen. Knapp 60 Prozent des Gesamtpreises werden von den Energieanbietern selbst bestimmt. In kalten Monaten steigen dementsprechend die Preise aufgrund der hohen Nachfrage. Die Netzentgelte und Steuern werden staatlich festgelegt. Für ersteres werden in Deutschland 11 Prozent veranschlagt. Fast 25 Prozent fallen an Steuern an.

Fazit

Die Energiepreise sind in ständiger Bewegung. Dies zeigen die aktuellen Entwicklungen auf dem Gas- und Ölmarkt in Deutschland. Der Anstieg der Ölpreise in den letzten Jahren, insbesondere aufgrund von geopolitischen Spannungen und Umweltauflagen, hat die Kosten für Verbraucher in die Höhe getrieben. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass die Preise auf einem historisch hohen Niveau verharren, obwohl sie seit einigen Monaten leicht gesunken sind. Ebenfalls sind die Energiewende und der Übergang zu nachhaltigen Energielösungen von entscheidender Bedeutung. Deutschland und die EU arbeiten daran, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen. Diese langfristige Entwicklung wird die Energiepreise und die Umweltauswirkungen in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen. Insgesamt sind die Aussichten für den Gas- und Ölmarkt in Deutschland von Unsicherheit geprägt, aber die bewusste Nutzung von Ressourcen und die Förderung nachhaltiger Alternativen sind der Schlüssel, um die Energiekosten langfristig zu stabilisieren und die Umweltbelastung zu verringern.

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