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Was ist Value-Investing?

Über die Anlagestrategie von Warren Buffet, die Rolle von Kennzahlen und warum Verbraucherschützer warnen.

Jährlich pilgern die Aktionäre von Berkshire Hathaway zu den Versammlungen von Warren Buffet um die Botschaften der Wall-Street-Legende zu vernehmen. So wie 2009, als Buffet erklärte, dass er, egal ob Aktien oder Socken, gerne Dinge kaufe, die günstig seien. Die ganze Welt strauchelte unter der erst kurz andauernden Finanzkrise und während Investoren ihre Anteile dringend zu verkaufen suchten, investierte Buffet stetig weiter.

So auch in damals risikobehaftete Unternehmen wie Goldman Sachs (WKN: 920332 ; ISIN: US38141G1040) oder die Bank of America (WKN: 858388 ; ISIN: US0605051046). Mit dieser Strategie erwirtschaftete er einen Milliardengewinn für sich und seine Anleger. 

Buffets Strategie basiert jedoch nicht auf reiner Risikofreudigkeit, sondern auf den Modell der fundamentalen Wertpapieranalyse des Ökonomen Benjamin Graham. Nach dessen Theorie sollen Kaufentscheidungen auf Daten wie Umsatz, Gewinn oder Cashflows eines Unternehmens basieren. Damit soll beurteilt werden, ob der Preis für eine Aktie angemessen, zu hoch oder zu niedrig ist. Die Bezeichnung für diese Methode lautet Value-Investing (Wertorientiertes Anlegen).

In der Praxis bedeutet das, dass ein Value-Investor günstig bewertete Aktien in der Annahme kauft, dass der Börsenpreis sich ihrem tatsächlichen Wert angleicht. Wenn der Kurs der Aktie steigt und damit die Unterbewertung abbaut, profitiert der Investor. Von überbewerteten oder überteuerten Aktien hält sich ein Value-Investor jedoch fern. 

Hype-Aktien, wie zum Beispiel von Tesla-Aktien (WKN: A1CX3T ; ISIN: US88160R1014), sind dieser Theorie nach zumeist überbewertet, da solche Unternehmen oft über längere Zeit keine Gewinne abwerfen und ihre Expansion aus Schulden oder Eigenkapital finanzieren.

Etablierte aber langsam wachsende Unternehmen tendieren eher zu unterbewerteten Aktien, zeichnen sich aber durch stabile Gewinne, soliden Bilanzen und planbare Umsätze aus. Solche Unternehmen werden auch Substanzunternehmen genannt. 

Buffets wertorientierte Anlagestrategie zahlt sich mit der restriktiveren Geldpolitik der US-Notenbank seit Beginn des Jahres aus. Während verschuldete Wachstumsunternehmen von den steigenden Zinsen hart getroffen werden, sind die spürbaren Folgen für solide Unternehmen wie American Express (WKN: 850226 ; ISIN: US0258161092) oder Coca Cola (WKN: 850663 ; ISIN: US1912161007), die Buffet im Portfolio hält, geringer. Aber die Grenze zwischen Wachstums- und Substanzunternehmen verschwimmt. So betrachtet Buffet Apple (WKN: 865985 ; ISIN: US0378331005), ein Unternehmen aus einer Wachstumsbranche, aufgrund hoher Gewinne, eines starken Wachstums und eines hohen Cashflows als Substanzwert. 

Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, warnt jedoch vor der Hoffnung mit Value-Investing überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Für eine solche Annahme gäbe es seiner Meinung nach keinen Anhaltspunkt. Er meint, dass Aktienkurse meistens fair bewertet sind und damit alle nötigen relevanten Informationen widerspiegeln. Nach seiner Auffassung gleichen sich Kurs und innerer Wert einer Aktie dort an, wo alle Marktteilnehmer gut informiert sind und Nachfrage und Angebot gleich groß sind. Value-Investoren wollen indes durch die Beobachtung des Marktes zwischenzeitliche Indifferenzen ausnutzen. Nauhauser warnt vor teuren Anlageprodukten von Fondsgesellschaften mit Value-Ansatz und rät für den Vermögensaufbau eher zu breit aufgestellten ETF-Portfolios. 

Wer dennoch das Value-Investing für sich ausprobieren will, sollte sich jedoch Wissen über fundamentalen Kennzahlen aneignen. Kennzahlen geben Aufschluss darüber wie es um ein Unternehmen oder eine Aktie bestellt ist. Im Vergleich mit anderen Aktien ergibt sich daraus, ob eine Aktie über- oder unterbewertet ist. Informationen über Kennzahlen sind im Internet frei einsehbar. Im Folgenden eine Übersicht über die wichtigsten Kennzahlen:

Das Kurs-Gewinn Verhältnis (KGV)

Das KGV sagt aus, wie sich der Aktienkurs im Verhältnis zum Gewinn eines Unternehmens verhält. Dazu wird der Aktienkurs durch den Unternehmensgewinn pro Aktie geteilt. Der Ansatz für diese Rechnung ist der erwartete Nettogewinn des laufenden oder nächsten Jahres. Grundsätzlich ist es von Vorteil, wenn das KGV niedrig ist. Ob es tatsächlich niedrig ist, ergibt sich aber erst im Vergleich zu anderen Unternehmen aus der Branche, so Buchautor und Hochschuldozent Enzo Mondello. Das KGV kann jedoch auch irritieren. Wenn Kurse fallen, da Anleger niedrige Gewinne erwarten, ist das KGV keine Kaufempfehlung, sondern eher ein Zeichen dafür diese Aktie nicht zu kaufen. Das KGV kann sich aber auch erhöhen, wenn die Gewinne eines Unternehmens einbrechen. Ist das KGV aber im negativen Bereich, dann erwirtschaftet das Unternehmen gar keine Gewinne.

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)

Beim KBV steht der Buchwert, also das Reinvermögen eines Unternehmens, im Verhältnis zum Aktienkurs im Fokus. Liegt der KBV unter 1, dann ist das Unternehmen wertvoller als sein Aktienkurs. Value-Investoren halten ein KBV von bis zu 1,5 günstig. Ein hoher KBV zeigt aber an, dass Investoren an den Erfolg eines Unternehmens glauben. Da der Buchwert vor allem materielle Güter, wie Maschinen oder Grundstücke, erfasst, begrenzt sich der KBV auf Substanzunternehmen und gibt kaum Aufschluss über die Bewertung von Wachstumsunternehmen. Dadurch ist das KBV nicht immer die geeignete Kennzahl zur Bewertung einer Aktie. 

Das Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV)

Bei professionellen Investoren erfreut sich das KCV höchster Beliebtheit. Es betrachtet das Verhältnis von Aktienkurs und Cashflow, also allen Finanzflüssen aus dem operativen Geschäft. Damit bildet der Cashflow die Finanzkraft eines Unternehmens zuverlässig ab. Um zu herauszufinden, ob eine Aktie teuer oder günstig gehandelt wird, muss das KCV mit dem eines anderen Unternehmens aus der gleichen Branche verglichen werden.  

Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)

Das KUV nimmt zur Unternehmensbewertung die Umsatzerlöse in den Blick. Vor allem für Unternehmen, die wenig produzieren, ist diese Kennzahl aufschlussreich. Ist das KUV kleiner als 1, dann ist die Aktie unterbewertet. Lediglich auf die Finanzbranche lässt sich das KUV nicht anwenden, da Unternehmen dort keine Umsätze generieren.

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