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Die Folgen des hohen Ölpreises

Welche Auswirkungen geopolitische Prozesse auf den Ölpreis haben, wie die deutsche Wirtschaft darauf reagiert und welche Chancen erneuerbare Energien dadurch erfahren. Ein Ausblick.

Die Preise für Rohöl stiegen seit Anfang des Jahres zwischenzeitlich auf knapp unter 120 US-Dollar pro Barrel an, was nahezu dem Preisniveau von 2012 entspricht. Zum einen ist die Nachfrage nach Öl nach der Corona-Pandemie schneller gewachsen als das Angebot, zum anderen treibt der Krieg in der Ukraine diese Preisentwicklung voran. Russland gilt als einer der wichtigsten Exporteure und Förderer von Öl. 

Die 23 Ölförderländer im Verbund Opec+ wollen dem Preisgeschehen jedoch nicht entgegenwirken und die tägliche Fördermenge um lediglich 400.000 Barrel erhöhen. Saudi-Arabien, führend bei Opec+ und einer der größten Ölproduzenten, hat bisher gleichfalls nicht signalisiert im Fall eines russischen Lieferstopps einzuspringen, da das geopolitische Geschehen derzeit für Ölländer hochprofitabel ist. 

Um die Preise zu stabilisieren und die Ölversorgung kurzzeitig zu gewährleisten, haben die 31 Mitgliedsstaaten der IEA (Internationale Energieagentur), deren Teil auch Deutschland ist, beschlossen, insgesamt 60 Millionen Barrel Rohöl freizugeben. Deutschland steuert dazu 434.000 Tonnen eingelagertes Öl bei, was den deutschen Verbrauch für drei Tage deckt. Die restlichen eingelagerten Reserven könnten in Deutschland, so Carsten Fritsch von der Commerzbank, einen Ausfall russischer Öllieferungen lediglich für 2 Wochen ersetzen. Der Freigabe durch die IEA folgte, trotz entgegengesetzter Absicht, ein Preisanstieg um vier US-Dollar.

Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland tragen zu diesem Preisanstieg und zur Verknappung des Angebotes bei, da viele Energieunternehmen wie Exxon, Shell und BP ihre Geschäfte in Russland eingestellt haben. Für Verbraucher spiegelt sich dies in erhöhten Spritpreisen wieder. Laut dem ADAC betrug der Preis für Super E10 am Sonntag im Schnitt 1,81 Euro pro Liter. 

Auch in der Weltwirtschaft kann der seit einem Jahr um beinahe 70% gestiegene Ölpreis weitreichende Folgen nach sich ziehen. So könnte, nach einer Formel des Internationalen Währungsfonds der Weltweite BIP um über 700 Milliarden US-Dollar zurückgehen. Auch in Deutschland kann sich ein steigender Ölpreis auf die Wirtschaft auswirken. Zum einen verteuert sich der Import von Öl in diesem Jahr um 50 Milliarden EUR, zum anderen belasten gestiegene Energiepreise die Kaufkraft der Deutschen und damit die Konjunktur in Deutschland, so Timo Wollmershäuser vom Münchner Ifo Institut. Ein Anstieg des Ölpreises auf 120 EUR würde in der Euro-Zone darüber hinaus die Inflation um einen Prozent höher ausfallen lassen. 

Von dem hohen Ölpreis profitieren jedoch die Aktien von Ölunternehmen wie BP (WKN: 850517 ; ISIN: GB0007980591), Shell ( WKN: A3C99G ; ISIN: GB00BP6MXD84), Total Energies (WKN: 850727 ; ISIN: FR0000120271), Exxon (WKN: 852549 ; ISIN: US30231G1022) und Chevron (WKN: 852552 ; ISIN: US1667641005). Chevron erwartet beispielsweise bei einem Preis von 70 US-Dollar pro Barrel einen Cashflow von 50 Milliarden US-Dollar über fünf Jahre.

Investoren müssen jedoch auf den Umgang der Unternehmen mit der Ukraine-Krise achten. So kündigte BP an, seine Verbindungen zum russischen Energiekonzern Rosneft zu kappen, von dem BP 20% besitzt. Dies könnte einen Verlust von 25 Milliarden US-Dollar nach sich ziehen. Insgesamt gaben die Kurse von Energieunternehmen, die von russischen Rohstoffen abhängig sind, zuletzt an den Börsen stark nach. Analysten verweisen auf das Potenzial anderer Konzerne wie beispielsweise Devon-Energy (WKN: 925345 ; ISIN: US25179M1036) oder für Spekulanten auf US-amerikanische Fracking-Unternehmen, die von einem hohen Ölpreis profitieren.   

Fazit und Ausblick

Fraglich ist, wie lange die neuen Rekordpreise anhalten, da einerseits  der Trend zur De-Globalisierung den Ölpreis aufgrund geringerer Nachfrage, besonders im Bereich Logistik, drücken kann und andererseits mit der Energiewende auch die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen zurückgeht. Zuletzt habe die EU erneuerbare Energien nicht nur als Möglichkeit für die Klimaneutralität, sondern auch als Schritt hin zur Unabhängigkeit von Russland in Energiefragen entdeckt, wodurch auch eine Versorgungssicherheit in Europa gewährleistet werden könne, so Deepar Venkateswaran von Bernstein Autonomous gegenüber dem Finanzdienst Bloomberg. Nach einem Entwurf der EU-Kommission könnte somit der Genehmigungsprozess für Wind- und Solarparks beschleunigt werden. Auch Deutschland hat verkündet bis 2035 beinahe die gesamte Energie klimaneutral beziehen zu wollen.

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