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Rationale Preisentwicklung an den Börsen?

Trotz der Krisen der vergangenen Jahre setzen Anleger und Experten weiterhin ihr Vertrauen in Aktien. Es stellt sich die Frage, ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Hier verschiedene Expertenmeinungen im Überblick.

Während der Krisen der letzten beiden Jahre haben sich viele Anleger auf das “Buy the dip”-Prinzip verlassen, also niedrige Aktienkurse als Kaufgelegenheit genutzt. Diese Taktik haben Börsen sowohl die Corona-Pandemie als auch den Ukraine-Konflikt überstehen lassen. Der Dax ist wieder auf Vorkriegsniveau, während der Weltaktienindex MSCI World und der US-Leitindex S&P sich sogar noch besser erholt haben. 

Gleichzeitig stehen die Aktienmärkte aufgrund von hohen Rohstoffpreisen, Lieferengpässen und einer grassierenden Rezession und der damit einhergehenden Zinswende der US-Notenbank Fed unter zunehmendem Druck. Es stellt sich die Frage, wie nachhaltig diese Erholung ist. Der Aktienstratege Michael Wilson von Morgan Stanley spricht von einer kurzfristigen Kurserholung in einem großen Abwärtstrend und empfiehlt Anlegern diese zu nutzen um Gewinne abzuschöpfen. 

Erst am Mittwoch fiel der Dax um zwei Prozent auf 14.000 Punkte und damit auf dem niedrigsten Stand seit Mitte März. Hintergrund war das Massaker in Butscha und der daraufhin zu erwartende politische Druck auf westliche Staaten russische Energieimporte einzustellen, dadurch würde Deutschland eine Rezession drohen. Dennoch sind viele Marktbeobachter optimistisch gestimmt. Christian Kahler, Aktienstratege bei der DZ Bank, hält die derzeitige Entwicklung für normal und prognostiziert einen zukünftigen Aufschwung. Deswegen hält er am Kursziel von 16.000 Punkten für den Dax fest. 

In den letzten Tagen schwankte der Dax rund um die Marke von 14.500 Punkten. Robert Halver, Aktienstratege der Baader Bank, hält dies für einen Anpassungsprozess der Börsen und auch der Chefanlagestratege der Deutschen Bank, Ulrich Stephan, teilt die Einschätzung, dass es sich um eine normale Reaktion handele. 

Entscheidend sei jedoch die Situation an den Rohstoffmärkten. Aus Sorge vor Lieferausfällen waren die Rohstoffpreise zu Beginn des Ukraine-Krieges stark gestiegen. Diese seien mittlerweile aber günstiger geworden. Zwar werden Rohstoffe noch immer teuer gehandelt, jedoch ging der Ölpreis jüngst von 130 US-Dollar auf 110 US-Dollar zurück. Laut Halver verhielten sich die Aktienmärkte in dieser Hinsicht rational, da sie davon ausgingen, dass Putin weiterhin Gas und Öl liefere. Kahler verweist dahingehend auf die finanzielle Abhängigkeit Russlands von den westlichen Importen. Dennoch glaubt er, aufgrund der kriegsbedingten Risiken und der US-Zinswende, nicht an eine neue “Buy the dip”-Bewegung.

Durch die steigenden Zinsen besteht die Gefahr, dass sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen verschlechtern und gerade Unternehmen mit einem hohen Russlandrisiko oder aus konjunktursensiblen Branchen seien gefährdet. Kahler rechnet deswegen im Laufe des Jahres mit einigen Gewinnwarnungen. Im letzten Jahr hatten viele Unternehmen ein Gewinnwachstum verzeichnen können, laut Markus Wallner, Aktienstratege der Commerzbank, würde dieser Trend in diesem Jahr bei vielen Firmen abflachen. 

Dass sich dieses Risiko in den Kursen nicht zeige, sei, so Halver, auf die derzeitige Liquiditätsschwemme und die niedrigen Zinsen zurückzuführen. Anders als die US-amerikanische Fed, bekämpfe die EZB die Inflation derzeit nicht und stützt stattdessen die Konjunktur, um große Investitionen in Europa zu ermöglichen.

Die Steigerung der Teuerungsrate in den USA und in Europa beträgt im Vergleich zum Vorjahr etwa sieben Prozent. Die Fed hat aus diesem Grund eine Zinswende eingeleitet, die für gewöhnlich dazu führt, dass die Aktienmärkte belastet werden und Anleger stattdessen in Anleihen investieren. 

Doch bisher geht diese Rechnung nicht auf. Maßstab für den Anleihenmarkt ist die US-Staatsanleihe. Die bisherige Renditensteigerung auf 2,6% war zu Beginn des Jahres noch als Risiko für den Aktienmarkt eingestuft worden, doch aufgrund des zwischenzeitlichen Inflationsanstieges ist die Rendite dieser Anleihe weiterhin negativ, weswegen sie noch keine Alternative für Aktien darstellt. Der Ökonom Mohamed El Erian betont in diesem Kontext die Überlegenheit von Aktien gegenüber Anleihen, Bargeld oder Kryptowährungen.

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