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Mit welchen Trends Investor:innen rechnen müssen

Trotz der Rekordwerte des Dax teilen Expert:innen ihre Sorgen über Risikofaktoren und pessimistische Zukunftsaussichten.

Die Nervosität deutscher Investor:innen zeigte sich am Ende der vergangenen Woche, als der Dax erst auf sein Allzeithoch von 16,331 Punkten stieg, um dann bei einem Plus von 0,7% bei 16.275 Punkten aus dem Handel zu gehen.

Die Skepsis stieg vor allem, als Berichte über eine Verhandlungspause im Schuldenstreit der USA bekannt wurden, woraufhin auch wichtige US-Indizes ins Minus rutschen. Der Streit dreht sich um die Einführung einer Schuldenobergrenze in Höhe von 31,4 Billionen USD in den USA. Kommt es nicht zur Einigung, droht den USA die Zahlungsunfähigkeit, was negative Auswirkungen auf das globale Finanzsystem hätte. 

Erst gerade hatten Investor:innen wieder verstärkt Aktien gekauft und sind steigenden Kursen hinterhergelaufen. „Investoren haben sich gezwungen gesehen, wieder einzusteigen“, meint Marcus Poppe, Co-Leiter europäische Aktien bei der DWS und Fondsmanager, zu den jüngsten Kursentwicklungen. „Manchmal will man eben das Glas halbvoll statt halbleer sehen.“  

Die Erholung der Aktienmärkte wurde laut Poppe durch die Erleichterung über den ausbleibenden Wirtschaftsabschwung in Europa befeuert. Insgesamt fielen die Unternehmensergebnisse im ersten Quartal besser als erwartet aus. Während die Gewinnprognosen der Analyst:innen in Europa um elf Prozent übertroffen wurden, betrug das Gewinnwachstum durchschnittlich sechs Prozent. 

Gerade die Autobranche und die Industrie hätten sich besser entwickelt als erwartet, findet Poppe. Die Sorge, dass Konsum und Gewinne wegbrechen, habe sich nicht bewahrheitet. Die Gewinnentwicklung per Saldo ist für Dax-Unternehmen voraussichtlich eher positiv. Allerdings müsste sich die Chemiebranche erholen und die Autobranche weitere Preiserhöhungen durchsetzen. 

Laut Ann-Katrin Petersen von Blackrock könnten auch Investitionen in Energiesicherheit, Verteidigung und die Transformation der Wirtschaft die Aktienkurse weiter in die Höhe treiben. 

Die Zukunftsaussichten sind aber ungünstig, da Auftragseingänge bereits rückläufig sind. Poppe rechnet im kommenden Jahr nicht mit Firmengewinnen. Auch Petersen gibt sich vorsichtig und fürchtet den Inflationsdruck und weitere Zinsstraffungen der EZB. Auch schlechtere Kreditbedingungen seien ein Risiko in Europa. Expert:innen fürchten auch erneut eine Energiekrise im kommenden Winter. 

Hingegen sieht Poppe es positiv, dass europäische Aktien niedriger bewertet sind als US-Aktien. Der Dax und der Index Stoxx 600 liegen mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen von unter elf und gut zwölf auf niedrigen Niveaus und deutlich unterhalb der führenden US-Börsenbarometer S&P 500 und Nasdaq mit rund 17 und 23. Auch Petersen hält die europäischen Aktien nicht für überteuert. 

Die Strateg:innen warnen aber, dass die Bewertungen der Aktien täuschen, da das Umfeld stimmen müsse, damit sich die Vorhersagen bewahrheiten, was derzeit fraglich ist. Petersen warnt, dass Investor:innen auf Unternehmensgewinne und Wirtschaftswachstum achten sollten. 

Derzeit rechnen die Aktienmärkte nicht mit einer weiteren Steigerung der Zinsen. Man erwartet für das kommende Jahr sogar Zinssenkungen. Grund dafür sind rückläufige Inflationsraten auf beiden Seiten des Atlantiks. Christoph Witzke, leitender Stratege bei der Sparkassen-Fondstochter Deka Investment, betont, dass die Aktienkurse von der Zinsseite her gestützt werden. Obwohl die Inflation in Europa der in den USA hinterherlaufe, beruhige sie sich bereits in einzelnen europäischen Ländern wie Spanien. 

Sollte sich die Konjunktur stärker erholen, könnten steigende Zinsen Firmengewinne dennoch belasten. Bereits der vergangene Zinsanstieg könne, so Witzke, Finanzierungen von Firmen belasten und zu Kursrückschlägen führen. 

Seitens der Fed sei nicht mit Zinssenkungen zu rechnen. Allerdings ist die US-Geldpolitik schwer einzuschätzen. Trotz Zeichen, dass die Fed die Zinsen weiter steigen lassen will, meint Fed-Chef Jerome Powell, dass die Zinsen nicht so stark wie befürchtet angehoben werden müssten. Weder in Europa noch in den USA liegt die Inflation aber im Zielbereich der Notenbanken, weshalb Strategen mit weiteren Zinsschritten rechnen. 

Das größte US-Risiko ist derzeit der Schuldenstreit in den Vereinigten Staaten. Eine politische Einigung könnte dabei die Märkte entspannen. US-Präsident Biden übte bereits Druck auf die Opposition aus, dass ein staatlicher Zahlungsausfall keine Option sei. 

Sollte der Streit nicht beigelegt werden, droht aber eines der größten Risiken für die Aktienmärkte. Die Absicherungskosten gegen einen Zahlungsausfall sind, gemessen an Credit Default Swaps, auf einem höheren Niveau als 2008/9 oder 2011 und 2013. Ein weiteres Risiko ist eine Rezession in den USA, die auch negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte hätte. 

Aus China kommen indes bessere Signale. Der Preisauftrieb ist dort, trotz der ökonomischen Erholungen, nahezu beendet, weshalb die Notenbank die Wirtschaft weiter unterstützen kann. Das könnte die Aktienkurse weiter treiben. Investor:innen hoffen auf eine positive Entwicklung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte. 

Laut Poppe seien die jüngsten Konjunktursignale aber schwächer als erhofft. Nach einem guten Start ins Jahr sei der Aufschwung ins Stocken geraten. Unternehmen hätten ein erschütterndes Vertrauen in die Wirtschaftspolitik, was den Arbeitsmarkt und den Konsum belastet. 

Insgesamt erwarten die Expert:innen die Möglichkeit  einer Korrektur von bis zu zwanzig Prozent an den Aktienmärkten. Neue Hinweise werden schon in der neuen Woche wichtige Konjunkturindikatoren in Europa wie auch in den USA geben. Es sei aber insgesamt mit einer schlechteren Stimmung bei Wirtschaft und Verbrauchern zu rechnen. 

Auf lange Sicht seien Aktien aber wieder ertragreich. Poppe meint, dass Aktienkurse mittelfristig um bis zu 15% steigen könnten. Witzke hält nach einer Korrektur ebenfalls neue Steigerungen für möglich. 

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