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Japans Unternehmen im Fokus globaler Investoren

Eine Transformation historischen Ausmaßes

Die japanische Wirtschaftslandschaft steht vor einem historischen Wendepunkt, symbolisiert durch die sich abzeichnende Fusion von Honda und Nissan. Mit einem Volumen von 58 Milliarden Dollar würde diese Transaktion die größte Übernahme des noch jungen Jahres 2025 markieren. Doch dieser potenzielle Mega-Deal ist nur die Spitze eines tiefgreifenden Transformationsprozesses in Asiens ältester Industrienation. 

Experten sehen den Ursprung dieser Entwicklung in den umfassenden Reformen der Corporate Governance, die vor einem Jahrzehnt initiiert wurden. “Wir erleben einen fundamentalen Wandel in der japanischen Unternehmensführung”, konstatiert Masataka Yamada, Leiter des Investmentbankings bei J.P. Morgan Japan. Die Zahlen untermauern diese Einschätzung eindrucksvoll: Mit 4.700 Transaktionen erreichte Japan 2024 den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1985. Das Gesamtvolumen stieg um acht Prozent auf 19,6 Billionen Yen (etwa 122 Milliarden Euro) – der zweithöchste Wert in der Geschichte des Landes.

Die Weichen für diese Entwicklung wurden 2014 mit der Einführung eines “Corporate-Governance-Kodex” durch die japanische Regierung gestellt. 

Die Reform zielte auf eine Erhöhung der Zahl externer Verwaltungsratsmitglieder, auf die Etablierung von Komitees für die Vorstandsauswahl nach US-Vorbild, auf eine Implementation ethischer Managementprinzipien und auf eine verstärkte Transparenz und Rechenschaftspflicht. Letztendlich war diese Reform ein Wandel zu verantwortungsvollerem Management und ethischen Führungsprinzipien. Unternehmen wurden angehalten, die Zahl externer Verwaltungsratsmitglieder zu erhöhen und Komitees nach US-amerikanischem Vorbild für die Auswahl von Vorständen einzurichten.

Nicholas Benes, einer der Vordenker dieser Reformen und früherer Berater der japanischen Regierung, erinnert sich: “Als ich 1995 anfing, mich für eine bessere Unternehmensführung einzusetzen, war das ein einsamer Job.” 

Erst die Rückkehr von Shinzo Abe als Ministerpräsident Ende 2012 brachte den entscheidenden Durchbruch. Für Benes führt angesichts der demografischen Herausforderungen und des vorhandenen Kapitals kein Weg an Produktivitätssteigerungen vorbei. Für ihn gibt es nur drei Möglichkeiten, wie eine Wirtschaft wachsen kann: Entweder mit dem Einsatz von mehr Kapital, oder mit dem Einsatz von mehr Menschen oder über eine höhere Produktivität. „Japan hat viel Kapital, aber es wird nicht produktiv genug eingesetzt, und die Bevölkerung schrumpft“, erklärt er: „Es bleibt nur der Weg über die Produktivität.“ Dass die Corporate-Governance-Reformen für Japan entscheidend sind, um diesen Faktor zu steigern, sieht auch Daniel Hurley von der US-Fondsgesellschaft T. Rowe Price so. Neben robusten Gewinnen und stabilem Wachstum sieht er in den “laufenden Reformen der Corporate Governance” einen entscheidenden Vorteil Japans gegenüber den europäischen Märkten. 

Die gesteigerte Transparenz und Rechenschaftspflicht gegenüber den Aktionären verändert die Unternehmensstrukturen grundlegend.

Die traditionellen Überkreuzbeteiligungen, die Unternehmenslenker lange vor kritischen Aktionären schützten, weichen einer stärkeren Shareholder-Value-Orientierung. “Die Verantwortung der Vorstände für die Steigerung des Shareholder Value wächst”, beobachtet J.P.-Morgan-Experte Yamada. Dies führt zu einer intensiven Überprüfung der Kernkompetenzen und strategischen Ausrichtung der Unternehmen.

Ein prägnantes Beispiel dieser Dynamik ist der Fall “Seven & i Holdings”. 

Der kanadische Einzelhandelsriese “Alimentation Couche-Tard” strebt eine Übernahme der profitablen “Seven-Eleven”-Kette an, während der japanische Lebensversicherer “Nippon Life” mit dem Kauf der US-amerikanischen “Resolution Life Group Holdings” für 8,2 Milliarden Dollar die größte Übernahme in der Geschichte japanischer Versicherer ankündigte.

Der Kapitalmarkt honoriert diese Entwicklung: 

Der “Nikkei 225” verzeichnete 2024 mit einem Plus von etwa 20 Prozent das beste Börsenjahr seit 1989. Experten sehen besonders bei mittelgroßen Unternehmen weiteres Potenzial durch den Abbau von Überkreuzbeteiligungen, höhere Dividenden und Aktienrückkäufe. Internationale Investoren, insbesondere aktivistische Fonds und Private-Equity-Gesellschaften, werden zunehmend als “Katalysatoren des Wandels” wahrgenommen, wie Nicholas Smith von “CLSA Tokio” betont. Ihre Erfolge bei Unternehmensrestrukturierungen belegen das Transformationspotenzial des japanischen Marktes.

Trotz des erreichten “Tipping Points” sieht Benes weiteren Reformbedarf, vor allem bei der Qualifizierung externer Vorstandsmitglieder. “CLSA”-Stratege Smith ist jedoch überzeugt: “Der Wandel in den Unternehmen hat den Punkt überschritten, an dem die Veränderungen selbstverstärkend und unaufhaltsam werden.” Er prognostiziert für 2025 und die Folgejahre eine Fortsetzung der dynamischen Entwicklung, getragen von Corporate-Governance-Reformen und dem Engagement internationaler Investoren.

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