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Gazprom zahlt Rekord-Dividende

Warum diese Zahlung politisch motiviert ist und warum Experten davon ausgehen, dass dies ein Fehler sein kann.

Gazprom konnte trotz des Krieges in der Ukraine Rekordgewinne in Höhe von etwa 40 Milliarden EUR einfahren. Davon fließt nun eine Zahlung von 10 Millionen EUR durch Dividenden in den russischen Staatshaushalt. Noch im Juni war eine entsprechende Auszahlung politisch verhindert worden. Des Weiteren stellt diese Zahlung erstmals eine Ausschüttung von Zwischendividenden in der Geschichte von Gazprom dar. Insgesamt zahlt der Konzern rund die Hälfte seines Gewinns durch Dividenden aus. Beschlossen wurde die Auszahlung vom Gazprom-Vorstand unter dem Vorsitz des Putin-Vertrauten Alexej Miller. Der russische Staat hält 50% der Anteile am Gaskonzern.

Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass Gazprom im ersten Halbjahr 2022 2,5 Billionen Rubel (41,6 Milliarden EUR) erwirtschaften konnte. Im gesamten Jahr 2021 belief sich der Gewinn auf 2,1 Billionen Rubel (27 Milliarden EUR). 

Da als Reaktion auf den Krieg etwa die Hälfte der russischen Währungsreserven im Ausland eingefroren wurden und ausländische Unternehmen als Steuerzahler mittlerweile wegfallen, leidet der russische Haushalt in absehbarer Zeit unter großen Defiziten. Bereits in diesem Jahr werden die Staatsausgaben 1,7 Milliarden Rubel (28,3 Milliarden EUR) über den Einnahmen liegen. Dieses Defizit will das Finanzministerium mit massiven Anleihen auf den Rubel ausgleichen. Belaufen sich diese im laufenden Jahr auf eine Milliarde Rubel (16,6 Milliarden EUR), sollen sie bis 2025 auf 2,4 Billionen EUR ansteigen. Für westliche Investoren ist der Kauf von russischen Staatsanleihen jedoch mittlerweile verboten. Das Finanzministerium möchte deswegen Anleihen in der chinesischen Währung Renminbi nach China verkaufen. 

Dass sich die Wirtschaft in einem desolaten Zustand befindet, zeigt sich ferner daran, dass das russische Parlament eine Einmalsteuer von Gazprom über 1,2 Billionen Rubel erhebt, also über den Betrag der im Vorjahr nicht als Dividende ausgezahlt wurde. Gazprom-Vize Sadigow gab bekannt, dass der Konzern auch weiterhin an den hohen Dividenden festhalten wolle. 

Fraglich ist, ob ausländische Investoren an der Auszahlung beteiligt werden. Maxim Orlowskij von der Investmentbank Renaissance Capital wies darauf hin, dass die russische Zentralbank plant,  bis zur Auszahlung Hinterlegungsscheine in Aktien umzuwandeln. Ausländische Investoren haben bisher keine Aktien von Gazprom gekauft, sondern bei US-Banken hinterlegte Anrechtsscheine (ADRs). Die Verwahrung derselben wird aber aufgrund der Sanktionen bald beendet. Rund 16,2 Prozent der Aktien sind in ADRs hinterlegt. 

Welche Auswirkungen die Zahlung hat, ist umstritten. Orlowskij geht von einer Stärkung für Wirtschaft und Kaufkraft in Russland aus, während Sergej Kaufmann von der Finam Financial Group in Moskau davon ausgeht, dass Gazprom ohne Exporte nach Europa für Investoren unattraktiv geworden ist. Da dem Unternehmen nun viel Geld entzogen wird, fehlen die Mittel, um neue Pipelines nach China zu bauen, die den Export angeregt hätten. Gas- und LNG-Pipelines in kurzer Zeit für den chinesischen Markt zu bauen, würde über 150 Milliarden Dollar kosten, für die der Konzern diese finanziellen Mittel gebraucht hätte. 

Unter dem Vorwand technischer Probleme stellt Gazprom ab Dienstag die Gaslieferung durch Nord Stream 1 ab. Die nötigen Ersatzteile stehen bereit, worauf von russischer Seite jedoch kein Gebrauch gemacht wird. Auch die Gaslieferungen nach Frankreich werden eingestellt, ließ Gazprom wissen. Der französische Versorger Engie (WKN: A0ER6Q ; ISIN: FR0010208488) bezog bisher monatlich rund 150 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland, mit denen 17% des französischen Bedarfs gedeckt wurden. Hoffnung geben nun Verhandlungen mit Algerien über Energieinmporte. 

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