Zum Inhalt springen
MarketWorld
MarketWorld

Gaskosten unvorhersehbar - Verbraucher übernehmen das Preisrisiko

Energieunternehmen warnen: Die zukünftigen Kosten für CO2 auf Gas und Öl könnten erheblich fluktuieren.

Langfristige Gasverträge könnten schon jetzt davon beeinflusst sein. Ein Thema, das bisher wenig Beachtung fand, beschäftigt derzeit die Energiebranche intensiv: die Volatilität des CO2-Preises, den die Bundesregierung auf fossile Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas und Treibstoffe anwendet, stellt ein signifikantes Preisrisiko dar. Derzeit liegt der Preis pro Tonne CO2 in Deutschland bei 45 Euro. Dieser Betrag wird von Verbrauchern gezahlt, die fossile Brennstoffe nutzen, entweder über die Gasrechnung oder beim Kauf von Öl. Bis 2026 sind die Preise für CO2 festgesetzt, aber was nach diesem Zeitpunkt geschieht – und wie hoch die Kosten für Gasverbraucher sein werden – bleibt unklar. Obwohl dies wie ein Problem der fernen Zukunft erscheinen mag, ist es für große Energieversorger und ihre Kunden bereits eine aktuelle Herausforderung. Stefan Dohler, CEO des Energiekonzerns “EWE”, erklärte gegenüber dem Handelsblatt, dass sein Unternehmen mit einigen Kunden Gaslieferverträge hat, die bis 2027 laufen. 

Die Unsicherheit über die zukünftigen CO2-Preise ab 2027 zwingt die Versorger dazu, spezielle Klauseln in die Verträge mit Unternehmen einzubauen. „Mit einigen Kunden haben wir Gaslieferverträge, die bis ins Jahr 2027 hineinreichen.“, erklärt Dohler. Je höher der Preis für CO2 ausfällt, desto teurer wird letztendlich auch das Gas. 

CO2-Kosten: Preisanstieg ab 2027 erwartet

Die Einführung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes hat die Einführung von CO2-Zertifikaten für die Sektoren Verkehr und Wärme in Deutschland zur Folge. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die fossile Brennstoffe wie Gas, Heizöl oder Benzin verkaufen, für jede ausgestoßene Tonne CO2 ein Zertifikat erwerben müssen, dessen Kosten aktuell 45 Euro betragen. Diese Kosten werden in der Regel auf die Verbraucher umgelegt.

Mit der schrittweisen Erhöhung des CO2-Preises sollen Anreize geschaffen werden, umweltfreundlichere Alternativen wie Wärmepumpen oder Elektroautos anzuschaffen. Im nächsten Jahr wird der Preis pro Tonne auf 50 Euro steigen, und für 2026 ist eine Spanne von 55 bis 65 Euro vorgesehen. Ab 2027 wird eine bedeutende Veränderung erwartet, da der nationale CO2-Preis voraussichtlich in das europäische Emissionshandelssystem übergehen soll. Dort wird die Anzahl der verfügbaren Zertifikate durch die EU festgelegt, was bedeutet, dass der Preis für ein Zertifikat dann nicht mehr fixiert ist, sondern durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Die zulässige Gesamtmenge an Emissionen wird jedes Jahr reduziert, was dazu führt, dass die Preise für CO2 voraussichtlich steigen werden.

In der EU gibt es bereits ein Emissionshandelssystem (EU-ETS) für Kraftwerke, große Industrieanlagen sowie den Luft- und Seeverkehr. Das geplante neue System würde parallel dazu existieren und speziell für Heizöl, Gas und Benzin gelten, was bei den Energieunternehmen zu Besorgnis führt, da die Preise deutlich ansteigen könnten. Schätzungen zufolge könnte der Preis für eine Tonne CO2 bis 2030 auf 50 bis 340 Euro steigen.

Wer trägt das Risiko?

Die genaue Höhe der Emissionsobergrenze, die die EU für 2027 festlegen wird, bleibt unbekannt bis zum 1. Januar 2025, was Unsicherheit verursacht. Bis dahin ist ungewiss, wie sich die Situation entwickeln wird, und niemand möchte eine Fehlkalkulation riskieren. Patricia Merschel, Analystin beim Marktforschungsunternehmen “Icis”, betont die Herausforderung für Energieversorger bei langfristigen Festpreisverträgen: ”Für Energieversorger ist jetzt die große Frage bei langfristigen Festpreisverträgen: Wie hoch sollen die Kosten sein, die an die Endkunden weitergegeben werden?

Ein zu hoher Ansatz bei den CO2-Kosten könnte dazu führen, dass ein Versorger teurer als seine Wettbewerber ist. Ein zu niedriger Ansatz könnte jedoch dazu führen, dass die Kosten letztlich vom Versorger selbst getragen werden müssen.

Die Frage ist immer: Wer trägt das Risiko?“, erklärt Merschel. Normalerweise würden Händler sich mit Terminkontrakten gegen Preisschwankungen absichern, indem sie den Kauf eines Rohstoffs oder eines CO2-Zertifikats zu einem festgelegten Preis im Voraus vereinbaren. Allerdings bieten derzeit keine Banken Terminkontrakte für die neuen ETS-2-Zertifikate an, da die genauen Handelsbedingungen noch nicht feststehen. Adrian Wappes, Händler beim auf Emissionshandel spezialisierten Finanzmakler “Vertis”, merkt an: „Mit ETS-2-Termingeschäften würden wir derzeit ein enormes Risiko eingehen. Wir würden ein Finanzprodukt anbieten, ohne dass die Rahmenbedingungen geklärt wären. Das geht halt nicht.

Klarheit für den neuen Emissionshandel gefordert

Die Ungewissheit bleibt eine Herausforderung sowohl für große Gaskunden als auch für Energieversorger. Eine Sprecherin von “Uniper”, einem bedeutenden Gashändler, der viele Unternehmen und Stadtwerke beliefert, äußert: „Es gibt noch keine nationale gesetzliche Regelung zum EU ETS 2 und die Rahmenbedingungen ab 2027 sind noch nicht geklärt. Auf dieser Grundlage ist es für uns sehr kompliziert, rechtssichere Verträge anzubieten.

Die Unsicherheit betrifft Privatkunden in Deutschland meist erst ab 2025, wenn Verträge für die Zeit nach 2027 relevant werden. Stefan Dohler, der Chef von “EWE”, erklärt: „Bei Privatkunden mit Festpreisverträgen für ein oder zwei Jahre können wir das Preisrisiko nicht weitergeben, solange die CO2-Preise für 2027 nicht fixierbar sind. Aber da ist der Anteil der CO2-Komponente am Gesamtpreis so niedrig, dass der CO2-Preis-Unterschied erst einmal nicht so stark ins Gewicht fällt und wir das Risiko für uns einpreisen können.“ 

In Deutschland sind feste Preise in Gasverträgen für Privatkunden normalerweise auf maximal zwei Jahre begrenzt. Für Unternehmen jedoch sind verlässliche Kalkulationen bezüglich der künftigen CO2-Preise entscheidend für Investitionsentscheidungen. Dohler betont die Dringlichkeit einer Klärung: „Je früher die Rahmenbedingungen klar sind, desto besser können sich alle auf den neuen Emissionshandel einstellen. Spätestens Ende dieses Jahres brauchen wir Klarheit.

Beliebte Artikel

A0B733

Rohstoffe

Energieträger Wasserstoff

Stehen die nachhaltigen Brennstoffzellen vor einem Börsen-Boom? Warum führende Unternehmen kurz vor einer Renaissance stehen könnten.

Allgemeiner Risikohinweis

Die Daten, Mitteilungen und sonstigen Angaben, die auf dem Portal zu finden sind, dienen ausschließlich Informationszwecken. Alle Informationen und Daten stammen aus Quellen, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung nach presserechtlichen Gesichtspunkten als zuverlässig wahrgenommen wurden. Für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung oder Garantie übernommen.

Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die auf Market World angebotenen Informationen und Nachrichten sind zu keinem Zeitpunkt als auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatungen anzusehen. Die maßgeblichen Informationen können bei den herausgebenden Emittenten angefordert werden. Eine Haftung für Schäden aufgrund von Handlungen, die ausgehend von den auf dieser oder einer der nachfolgenden Seiten enthaltenen Informationen vorgenommen werden, entfällt.

MarketWorld
© 2024 Market World - Alle Rechte vorbehalten 3.1.4
ImpressumDatenschutz