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Die Renaissance der Kernkraft

Welche Länder investieren in den Uranmarkt und welche Aktien profitieren davon?

Nicht nur die globale Erderwärmung ist eine der grundlegenden Ursachen für die Wiedergeburt der Kernkraft. Auch die astronomischen Strompreise führen zu einem Umdenken in der Energiepolitik. Besonders der Krieg in der Ostukraine hat maßgeblich zu den Energie-Engpässen beigetragen. Im Fokus steht nun die Frage, wie Anleger von dem Höhenflug der Kernenergie profitieren können. 

Welche Preistreiber gibt es? Die EU als entscheidender Akteur:  

Seit der verheerenden Katastrophe in Fukushima im Jahre 2011 ist die Nachfrage nach atomarer Energie im Laufe der Jahre stetig gesunken. Dennoch erfährt diese seit gut fünf Jahren einen Aufschwung, da fossile Brennstoffe wie Braunkohle äußerst umstritten sind. Besonders durch die Massenproteste im Rahmen von Fridays for Future fand ein gesellschaftspolitischer Umbruch statt, weswegen die EU-Kommission unter EU-Kommissarin Mairead McGuinness ein Klimasiegel für Atomenergie und Gas beschlossen hat. 

Beides wurde in die sogenannte Taxonomie-Verordnung mit aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine EU-Verordnung, die unter anderem Vorgaben für nachhaltige Investitionen definiert. Ziel sei es, die Treibhausgase bis 2050 auf null zu reduzieren und Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Die Taxonomie-Verordnung wird unter anderem durch Finanzmarktteilnehmer wie z.B. Investmentfonds und private Investoren finanziert. Um das genannte Ziel in den nächsten 28 Jahren zu erreichen, seien laut Kommission jährliche Investitionen von 350 Milliarden Euro notwendig. 

Europäische Staaten beflügeln die Nachfrage: 

“Die Länder, die sich in den vergangenen Jahren von der Atomkraft verabschieden wollten, sollten schauen, ob dies die beste Zeit ist, das zu tun”, erklärte Fatih Boril, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit Reuters-TV. Atomenergie erlebe ein starkes Comeback in der ganzen Welt, von Japan, Südkorea über die USA und Schweden. Im hohen Skandinavien befindet sich das AKW Oskarshamm 3 in Betrieb. Die Betriebskosten sind niedrig, die Gewinnmargen hoch. Besonders hierbei ist, dass der deutsche Staat, der eigentlich mit Atomkraft nichts mehr zu tun haben möchte, insgesamt an drei Atomkraftwerken beteiligt ist. Möglich wird dies durch den Energieversorger Uniper. 

Laut dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft produzierten 13 europäische Staaten im Jahr 2021 rund 730.000 Gigawattstunden Strom und somit ein Viertel der Gesamtmenge des in den Mitgliedsstaaten erzeugten Stroms. “Die Energiekrise führt in vielen EU-Staaten dazu, dass Meiler, die eigentlich abgeschaltet werden sollten, nun länger laufen. Überdies plant eine Reihe von Ländern den Bau neuer Atomkraftwerke”, so der iwd. 

Mit 379.400 Gigawattstunden führt EU-Nachbar Frankreich die Liste an, Deutschland belegt mit 56.600 Gigawattstunden den zweiten Platz. Schlusslicht sind die Niederlande mit 3.800 Gigawattstunden. Die Energiekrise führt in vielen EU-Staaten dazu, dass Meiler, die  abgeschaltet werden sollten, nach wie vor laufen. Zwar hatte Belgien schon vor 20 Jahren einen Atomausstieg beschlossen, nun lässt Brüssel zwei Meiler bis mindestens 2035 laufen und nicht wie ursprünglich vorgesehen bis 2025.

Die Energiekrise als fundamentaler Faktor

Am 24. Februar 2022 haben russische Truppen im Zuge einer “militärischen Operation” die Ukraine überfallen. Seitdem tobt im Osten Europas ein bitterer Krieg, seit fast einem Jahr. Wer dachte, der Krieg wäre aufgrund der russischen Überlegenheit nicht lange, wurde eines besseren belehrt. Seit über 50 Jahren ist Russland nach den USA der größte Gasförderer weltweit. 2020 wurden knapp 638,5 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert, was einem weltweiten Anteil von 16,6 Prozent entspricht. Trotz zahlreicher Kriegssanktionen und Embargos hat Russland seit dem 24. Februar viele Milliarden Euro mit Öl- und Gasexporten verdient. Infolgedessen sind auch die Strompreise gestiegen. Die Stimmen nach atomarer Energie werden lauter. 

Der Uranpreis im Höhenflug: 

Seit 2018 hat der Uranpreis einen fulminanten Anstieg hingelegt: Binnen dieser Jahre konnte der Rohstoff einen Anstieg von zwischenzeitlich über 200 Prozent hinlegen. Gegenwärtig befindet sich der Uranpreis knapp unter der 50-Euro-Marke. „Wir sehen, dass Länder auf der ganzen Welt beginnen, die Kernenergie zu akzeptieren. Diese Länder erkennen, dass die Kernenergie ein Teil der Gleichung sein muss, wenn sie eine kohlenstoffneutrale Zukunft erreichen wollen“, erklärt Jon Bey, Präsident und CEO von Standard Uranium. 

Einzelwerte im Überblick

Cameco Corp. (ISIN: CA13321L1085 ; WKN: 882017): Das kanadische Unternehmen mit Sitz in Saskatoon gehört ebenfalls zu den größten Uranproduzenten weltweit. 1988 gegründet, erfolgte im Juli 2000 der Börsengang mit einem Einstiegspreis von 2,13 Euro. Signifikante Hochs wurden 2007 und 2011 mit jeweils 38,31 Euro (ATH) und 30,39 Euro erzielt. Seit März 2020 haben sich die Wertpapiere von 6,60 Euro um fast 370 Prozent auf 27,38 Euro erhöht. Seit Beginn des Jahres konnte der Uranproduzent schon fast 30 Prozent zulegen.

Kazatomprom (ISIN: US63253R2013 ; WKN: A2N9D5): Kazatomprom ist ein kasachisches Bergbauunternehmen mit Sitz in Nur-Sultan. Es fördert hauptsächlich radioaktive Metalle, 2019 allein 13.291 Tonnen Uran. Mit einem Anteil von 24 Prozent an der weltweiten Förderung ist Kazatomprom der größte Uranproduzent der Welt. 

Seit November 2018 können die Wertpapiere des Unternehmens an der Börse gehandelt werden. Herausgegeben wurden diese für 11 Euro pro Unternehmensanteil. Am 29. Oktober wurde das All-Time-High mit 36,60 Euro erzielt, ein prozentualer Anstieg von über 232 Prozent. Mit Beginn der weltweiten Rezession an den Märkten und des Ukraine-Konfliktes haben die Aktien um knapp 31,69 Prozent nachgelassen, dennoch ist die Nachfrage beträchtlich. Mit einem Anstieg von 5,34 Prozent seit Beginn des Jahres konnte der Konzern einen stabilen Anstieg verzeichnen 

RWE (ISIN: DE0007037129 : WKN: 703712): Die RWE AG, bis 1990 Rheinisch Westfälisches Elektrizitätswerk AG, ist ein börsennotierter Energieversorgungskonzern. Das Essener Unternehmen war am Umsatz gemessen zeitweise der zweitgrößte Energieversorger Deutschlands und gehört gegenwärtig zu den Top vier Energieversorgern. Laut Werner Eisenmann, Analyst der DZ Bank, gehört der Energiekonzern RWE zu den Gewinnern der Stromengpässe und der daraus resultierenden erhöhten Nachfrage. Die Versorgungsunsicherheit hebt den Strompreis auf ein konstantes, hohes Niveau. 

RWEs Stromerzeugung setzte sich im Jahr 2021 aus folgenden Werten zusammen: 52,4 Prozent Gas, 45,9 Prozent Braunkohle, 32,2 Prozent Erneuerbare Energien, 22,7 Prozent Kernenergie, 7,1 Prozent Steinkohle und 0,04 Prozent Pumpspeicher und Batterien. Im letzten Jahr hat sich der Strompreis je Megawattstunde teilweise um 710 Prozent auf fast 1000 Euro erhöht. Ein Anstieg, der sowohl Privatkunden als auch Unternehmen belastet. Obwohl das Essener Energieunternehmen zu den Profiteuren der Energiekrise gehört, sind die Wertpapiere in den letzten sieben Wochen um über fünf Prozent gefallen. 

Fazit: 

Ohne Frage - die Kernenergie erfährt eine Renaissance. Sowohl die Energiekrise als auch die EU-Taxonomie-Verordnung treiben die Preise an. Immer mehr europäische Staaten wenden sich der Atomkraft zu. Die Preise für Uran steigen stetig an und führende Global Player konnten in den vergangenen fünf Jahren dreistellige Anstiege verzeichnen. Dennoch darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass Kernenergie, besonders in Europa, keine Langzeitlösung ist. Die Halbwertszeit hat schon längst begonnen. Sollte es zudem zwischen Russland und der Ukraine zu Friedensverhandlungen kommen, dürfte es neue Energielieferanten aus Osteuropa geben. 

Atomaktien sind ein heißes Eisen: Obwohl sie gewinnversprechend sind und durchaus eine Alternative zu fossilen Brennstoffen bilden, bleiben sie umstritten. Wer also eine Short-Term-Investition sucht, ist bei “nuklearen Wertpapieren” absolut richtig. Einen Platz für Jahrzehnte sollten die Aktien im Portfolio jedoch nicht haben.

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