Zum Inhalt springen
MarketWorld
MarketWorld

Das Potenzial von Nebenwerten

Angesichts der turbulenten wirtschaftlichen Lage sehen Experten die Flexibilität von kleineren Unternehmen als Vorteil.

Im Vergleich schneiden große Unternehmen besser als kleine ab. So hat seit Jahresbeginn der Weltaktienindex MSCI World um rund 14 Prozent zugelegt, während der MSCI Small Cap Index nur acht Prozent zulegen konnte. Da Small Caps als riskanter gelten als Aktien großer Unternehmen, sind sie in Zeiten von Rezessionsangst anfälliger als Aktien großer Unternehmen. Auch sind hohe Zinsen und eine gestiegene Inflation für solche Titel eine höhere Belastung. 

Experten sehen derzeit aber Chancen bei kleinen Werten. „Die Bewertungen sind im Vergleich zu den Large Caps so günstig wie lange nicht“, sagt Michelle Ward, Portfoliospezialistin für US-Aktien beim Asset-Manager T. Rowe Price. Auch Charlotte Friedrichs, Portfoliomanagerin bei Columbia Threadneedle, betont mit Blick auf globale Small Caps: „Nebenwerte sind historisch attraktiv bewertet.“  

Durchschnittlich werden derzeit die rund 4300 Unternehmen aus dem MSCI World Small Caps mit weniger als dem 16-Fachen ihres im nächsten Jahr erwarteten Gewinns bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei den 1500 Unternehmen im MSCI World liegt bei 17.

Dass Nebenwerte günstiger als große Unternehmen bewertet sind, ist selten. Frederik Templiner, Portfoliomanager bei Goldman Sachs Asset Management, bestätigt diese Situation. Für gewöhnlich liegen die KGVs von Small Caps um 25 bis 30 Prozent über denen von Large Caps. Der Grund dafür ist, dass kleinere Unternehmen öfter zur Gruppe der Wachstumswerte zählen und so die Hoffnung auf zukünftig deutlich steigende Gewinnen liegt.

Die Experten von Columbia Threadneedle, T. Rowe Price und Goldman Sachs Asset Management waren sich bei einer Webkonferenz des Fondsberatungshauses Drescher & Cie einig, dass nicht nur die Bewertungen für die Aktien der kleinen Unternehmen sprechen. Investoren, die nur auf die großen Indizes setzen, lassen nach Templiners Ansicht einen beachtlichen Teil des Anlageuniversums außen vor: „Etwa 14 Prozent des gesamten Aktienuniversums entfallen auf Small Caps“, sagt der Portfoliomanager.

Auch Friedrichs von Columbia Threadneedle rät dazu, vor allem im aktuellen Umfeld mit einer starken Marktkonzentration, das Portfolio mit Nebenwerten zu diversifizieren. Immerhin würden Large-Caps-Indizes schließlich von den sieben größten Technologiewerten dominiert, die zum Beispiel im S&P 500 im ersten Halbjahr 90 Prozent der Performance ausgemacht haben. Und auch im MSCI World dominieren die Tech-Werte.

Nach Ansicht der Experten von T. Rowe Price spricht zudem das aktuelle wirtschaftliche Umfeld für die Nebenwerte. Die Aktien kleiner Unternehmen hätten in der Vergangenheit in Phasen hoher, aber nachlassender Inflation oft besonders gut abgeschnitten, was unter anderem darauf zurückzuführen sei, dass kleinere Unternehmen flexibler seien und sich daher schneller auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen können als ihre größeren Konkurrenten. 

Vor allem liege das daran, dass viele kleinere Unternehmen Marktführer in Nischen seien und deshalb eine stärkere Preissetzungsmacht hätten, als man ob ihrer Größe meinen könnte, heißt es bei T. Rowe Price. Solche Unternehmen können etwa höhere Kosten an ihre Kunden weitergeben und dadurch ihre Margen besser schützen. Deswegen setzen Experten zunehmend auf solche Unternehmen mit Preissetzungsmacht. Friedrichs und ihre Kollegen von Columbia Threadneedle sehen diese Preissetzungsmacht vor allem bei Unternehmen, die als Marktführer mit soliden Bilanzen nachhaltige Wettbewerbsvorteile haben.

„Unser Ziel ist es, die global besten 70 bis 90 Unternehmen zu finden und in sie langfristig zu investieren“, erklärt Friedrichs. Im Fonds „Threadneedle Global Smaller Companies“ (WKN: A1JJHG ; ISIN: LU0570870567) sind etwa der deutsche Profiküchenbauer Rational (WKN: 701080 ; ISIN: DE0007010803), der US-amerikanische Mehrzwecksprayhersteller WD-40 (WKN: 878588 ; ISIN: US9292361071) und aus Japan der Liftwartungsanbieter JES entsprechende Beispiele.

Der US Smaller Companies Equity Fund (ISIN: LU0153358154 ; WKN: 786734) von T. Rowe Price ist noch breiter aufgestellt als der Fonds von Columbia Threadneedle. Rund 170 Aktien befinden sich dort im Portfolio. T. Rowe Price setzt laut Produktspezialistin Ward ebenfalls auf Aktien von Unternehmen, die relativ wenig Schulden haben und vergleichsweise unabhängig von der Konjunkturentwicklung sind. 

Unter den größten Investments befinden sich der Hightech-Anbieter Teledyne Technologies (WKN: 926932 ; ISIN: US8793601050), der Kompressoren- und Präzisionspumpenhersteller Ingersoll Rand (WKN: A2P070 ; ISIN: US45687V1061) und der Gesundheitsdienstleister Molina Healthcare (WKN: 157781 ; ISIN: US60855R1005).

Goldman Sachs Asset Management verfolgt  mit dem Goldman Sachs Global Small Cap Core Equity Portfolio (WKN: A0MKUS ; ISIN: LU0245329841) einen noch breiteren Ansatz mit noch mehr Aktien. Dieser Fonds investiert in mehr als 800 Nebenwerte. Die Fondsmanager nutzen zahlreiche unterschiedliche Daten für die Auswahl. 

Im Zuge dieser quantitativen Analyse werten sie unter anderem anhand von Kreditkartendaten oder Suchanfragen im Internet aus, welche Produkte besonders gefragt sind. So lässt sich laut Templiner oft schon vor der Veröffentlichung der Quartalszahlen ableiten, ob ein Unternehmen viel verdient hat.

Die größten Positionen mit Gewichtungen nehmen im globalen Goldman-Sachs-Nebenwertefonds die Aktien von Super Micro Computer (WKN: A0MKJF ; ISIN: US86800U1043), dem auf Einfamilienhäuser spezialisierten Bauunternehmen M/I Homes (WKN: 888374 ; ISIN: US55305B1017), der Versicherungsagentur Goosehead Insurance (WKN: A2JNTN ; ISIN: US38267D1090) und von American Equity Investment Life Holding ein.

Börsengehandelte Indexfonds (ETFs), zum Beispiel der MSCI World Small Cap Index, bieten sich für Investoren an, die noch breiter in globale Nebenwerte investieren möchten. Derartige Fonds gibt es laut der Plattform JustETF von iShares (WKN: A2DWBY ; ISIN: IE00BF4RFH31) und von SPDR (WKN: A12HU5 ; ISIN: IE00BSPLC413). 

Mit laufenden Kosten von 0,35 (iShares) und 0,45 Prozent (SPDR) pro Jahr sind die ETFs günstiger als die aktiven Fonds von Columbia Threadneedle und Goldman Sachs. Beide Fonds haben laut dem Fondsanalysehaus Scope den MSCI World Small Cap Index auf Sicht von zwölf Monaten deutlich geschlagen. Der Fonds von Goldman Sachs hat sich auf Sicht von zehn Jahren etwas schlechter, der von Columbia Threadneedle etwas besser als der Index entwickelt.

Beliebte Artikel

A0B733

Rohstoffe

Energieträger Wasserstoff

Stehen die nachhaltigen Brennstoffzellen vor einem Börsen-Boom? Warum führende Unternehmen kurz vor einer Renaissance stehen könnten.

Allgemeiner Risikohinweis

Die Daten, Mitteilungen und sonstigen Angaben, die auf dem Portal zu finden sind, dienen ausschließlich Informationszwecken. Alle Informationen und Daten stammen aus Quellen, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung nach presserechtlichen Gesichtspunkten als zuverlässig wahrgenommen wurden. Für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung oder Garantie übernommen.

Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die auf Market World angebotenen Informationen und Nachrichten sind zu keinem Zeitpunkt als auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatungen anzusehen. Die maßgeblichen Informationen können bei den herausgebenden Emittenten angefordert werden. Eine Haftung für Schäden aufgrund von Handlungen, die ausgehend von den auf dieser oder einer der nachfolgenden Seiten enthaltenen Informationen vorgenommen werden, entfällt.

MarketWorld
© 2024 Market World - Alle Rechte vorbehalten 3.1.4
ImpressumDatenschutz