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Rekordzeiten für Mercedes - Anleger:innen zeigen sich skeptisch

Warum Anleger:innen den positiven Entwicklungen beim schwäbischen Automobilkonzern nicht trauen wollen. 

Mit Blick auf die vergangenen 135 Jahre lässt sich sagen, dass Mercedes Benz nicht mit Geld umgehen kann, wenn die Kassen voll sind. Oft folgten Trägheit, Kostenexzesse oder übermütige Aktionen, wie etwa die Chrysler-Übernahme. So bleibt abzuwarten, was der schwäbische Autobauer nun vorhat. 

Im letzten Jahr verzeichnete Mercedes einen Rekordgewinn von 14,8 Milliarden EUR. Und auch das aktuelle Jahr hat gut begonnen. In der Autosparte lag die operative Umsatzrendite bei 15% im ersten Quartal. 

Konzernchef Ola Källenius warnte intern aber, dass der Wettbewerb anziehen könnte. „Ohne die konsequente Arbeit an unseren Kostenstrukturen stünden wir heute nicht da, wo wir stehen“, schrieb der Manager jüngst in einer internen E-Mail an die Führungskräfte. „Und mit Blick nach vorne wird diese Aufgabe noch wichtiger.“ Er appelliert ans Durchhaltevermögen seiner Untergebenen. 

Källenius möchte verhindern, dass der Konzern in seine fragwürdige Kostendisziplin zurückfällt. Vor allem, da der Automobilmarkt in diesem Jahr voraussichtlich eine Überkapazität von fünf Millionen Fahrzeugen aushalten muss. 

Und auch der Chipmangel hat sich entspannt, sodass Mercedes keine hohen Preise mehr für Gebrauchtwagen durchsetzen kann. Die steigenden Zinsen und die hohe Inflation drücken gleichzeitig die Nachfrage. In Europa sind die Auftragseingänge zuletzt schwächer geworden. Wenngleich Expert:innen weiter mit zweistelligen Umsatzrenditen rechnen, sei aber davon auszugehen, dass bei den Gewinnmargen ein Plateau erreicht worden sei, so Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler

Börsenexpert:innen gehen davon aus, dass die operative Marge bei Mercedes um eineinhalb bis zwei Prozentpunkte rückläufig sein könnte. Da Elektroautos zunehmend mehr am Gesamtumsatz beteiligt sind, drohen niedrige Gewinnspannen, da diese geringere Deckungsbeiträge abwerfen als Verbrenner. 

Die finanziellen Kennwerte von Mercedes lagen zuletzt beinahe alle im Plus. Im Vergleich zum Vorjahr konnte Mercedes seinen Gesamtumsatz 2022 um 12% auf 150 Milliarden EUR steigern. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen stieg um ein Viertel auf 20,5 Milliarden EUR. Mercedes erwirtschaftete sogar einen starken Free Cashflow von 8,1 Milliarden Euro.

Das Eigenkapital stieg aufgrund der guten Ergebnisse von 73 auf fast 87 Milliarden EUR. Die Verschuldung fiel von 95 auf 88 Milliarden EUR. Die Eigenkapitalquote stieg um fünf Punkte auf 31,1 Prozent, Grund dafür war die stagnierende Bilanzsumme. Auch die Pensionsverpflichtungen sind ausbezahlt und derzeit keine Last. Der Finanzierungsgrad von Mercedes beträgt über hundert Prozent. Die Nettoliquidität stieg seit dem Vorjahr von 21 auf 26,6 Milliarden EUR. Nach einem Anstieg im ersten Quartal verfügt das Unternehmen über liquide Mittel von nahezu 29 Milliarden Euro. Mit diesen finanziellen Mitteln, erscheint das Ziel, zum führenden Hersteller von Luxusautos zu werden, realistisch. 

Auch Aktionär:innen und Arbeitnehmer:innen sollen davon profitieren. Bei der Hauptversammlung am Mittwoch soll über eine Dividende von 5,20 Euro je Anteilsschein abgestimmt werden, was 20 Cent mehr als im Vorjahr sind. Insgesamt will der Konzern 5,6 Milliarden EUR ausschütten. 93.000 Mitarbeiter erhalten eine Prämie von bis zu 7300 EUR. 

Für Källenius spielen Absatzrekorde keine Rolle. Er fokussiert sich auf die Marge, nicht auf die Menge. Verfügbare Halbleiter werden deswegen in das Luxussegment und SUVs gesteckt, wo eine hohe Marge winkt. Solche Fahrzeuge sollen das Wachstum des Konzerns antreiben. Allein Maybach konnte die Auslieferungen seit 2020 auf über 23.000 Fahrzeuge mehr als verdoppeln. Die Geländewagen der G-Klasse sind bei Kostenpunkten ab 118.256 EUR in Deutschland sogar ausverkauft.

Der Manager verändert die Produktpalette deutlich und dünnt das Angebot merklich aus. Unrentable Linien wie die A- und die B-Klasse laufen demnächst aus. Auch bei Coupés und Cabrios wird das Angebot verringert. Stattdessen ist eine kleinere Version der G-Klasse und ein neues Modell für den chinesischen Markt geplant. 

Alle zukünftigen Autos sollen mit einem Riesen-Display ausgestattet werden. Seit 2019 sind die Preise für Neuwagen um 43% auf 72.900 EUR angestiegen. Das zahlt sich für Mercedes aus. Die Netto-Umsatzrendite hat sich in den letzten beiden Jahren von 3,3 auf 9,9 Prozent verdreifacht.

Die Van-Sparte war im Zuge des Dieselskandals das Sorgenkind des Konzerns. 2019 hatte das Segment einen Verlust von über drei Milliarden EUR verursacht. Obwohl der Turnaround gelang, hinkte die Profitabilität weiterhin hinterher. Jedoch schoss die Rentabilität im ersten Quartal 2023 auf 16,5% in die Höhe. Schon im Vorjahr legte das Van-Segment um um 66 Prozent zu auf 1,9 Milliarden EUR zu. Vor allem der starke Absatz des Kastenwagens Sprinter, der Großraumlimousine V-Klasse und der kleinen T-Klasse sind dafür verantwortlich. Derzeit konzentriert sich das Geschäft auf Europa, aber eine Expansion in den USA und China ist bereits in Planung. 

Auf lange Sicht werden Elektroautos auch bei Mercedes das dominante Verbrennergeschäft ablösen. Källenius sieht das als strukturelle Herausforderung: „Denn die variablen Kosten der Elektroautos liegen bis auf Weiteres substanziell über denen der Verbrenner.“

Der Zuwachs an E-Autos dürfte den Konzern in diesem Jahr einen halben Prozentpunkt Marge kosten. Dem will Källenius entgegensteuern. Man müsse den gesamten Geschäftsapparat transformieren, nicht zuletzt, da die Kosten für Strom, Gas, Stahl, Leichtmetalle und Batterierohstoffe gestiegen sind. 

Um die Kosten zu stemmen, hat Mercedes in der Autosparte seit 2019 7000 Stellen abgebaut. Um Einheitspreise durchzusetzen, forciert Mercedes den Online- und Direktvertrieb. Auch wurden die Kosten für Sachanlagen um ein Viertel auf 3,5 Milliarden EUR zurückgefahren. Auch die Verwaltungskosten sind rückläufig. 

Trotz der positiven Entwicklungen, sind Anleger:innen skeptisch bei Mercedes-Aktien (WKN: 710000 ; ISIN: DE0007100000). Auch wenn die Marktkapitalisierung in den letzten Jahren gesteigert werden konnte, liegt das KGV noch immer bei unattraktiven 5,7, was Investor:innen alarmiert. Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Sparkassentochter Deka Investment, hält die Rechtfertigung der Preiserhöhung für fraglich. Dass für die Limousine EQS in China die Preise gedrückt worden seien, beschädige die Marke.  

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