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Chinas Wirtschaft schwächelt

Die Maßnahmen, die beschlossen wurden, überraschen Experten, die die tatsächlichen Probleme nicht gelöst sehen.

Zur Stärkung der schwächelnden Konjunktur, haben führende chinesische Banken die Kreditzinsen gesenkt. So gab die Zentralbank People’s Bank of China (PBoC) eine Senkung des Referenzzinssatzes für einjährige Kredite bekannt, überraschenderweise blieb der Satz für fünfjährige Kredite jedoch unverändert. 

Damit soll es für Unternehmen günstiger werden, Kredite aufzunehmen. Dahinter steht die Hoffnung, dass Unternehmen mehr Kredite aufnehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Nachfrage nach Krediten war zuletzt aufgrund der eingetrübten Wachstumsaussichten sehr schwach.

Monatlich werden die Referenzzinssätze von der PBoC veröffentlicht. Das sind Zinssätze für Kredite mit kurzer und mittelfristiger Laufzeit, die die 18 führenden Banken ihren solventesten Kunden anbieten, die sich am Leitzins der PBoC orientieren, der vergangene Woche überraschend so stark gesenkt wurde wie seit 2020 nicht.

Ein Großteil der Kredite basiert auf dem einjährigen Referenzzins. Der Zinssatz für fünfjährige Kredite beeinflusst unter anderem Hypotheken. Die Senkung des einjährigen Referenzzinses deutet darauf hin, dass eine höhere Nachfrage nach Krediten entstehen soll, dass aber Immobilienkredite weiterhin wie bisher nachgefragt bleiben sollen.

Die Zinsschritte seien ein Signal, dass die Behörden nicht wollen, „dass der Immobilienmarkt überhitzt“, sagte Bruce Pang, China-Chefökonom bei Jones Lang LaSalle, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Den wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Trotz, die vor allem aufgrund der anhaltenden Immobilienkrise bestehen, forciert die Staatsführung offenbar weiterhin eine Abkehr vom bisherigen investitionsgetriebenen Wachstumsmodell. 

Nun liegt der Referenzzins für einjährige Kredite (“LPR”) um zehn Basispunkte niedriger bei 3,45%, der fünfjährige “LPR” weiterhin bei 4,20%. Analysten waren eigentlich von einer Senkung beider Zinssätze ausgegangen. 

Die Reaktion der Anleger war am Montag uneinheitlich. Während die Börse in Shanghai 0,7 Prozent im Minus und der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen knapp ein Prozent tiefer schlossen, gewannen in Tokio der Nikkei-Index 0,4% und der breiter gefasste Top-Index 0,2%. Zuletzt hatte China im Juni beide “LPR” reduziert, um die Kreditvergabe anzukurbeln, was jedoch wirkungslos blieb. 

Zuletzte mehrten sich die schlechten Nachrichten Chinas wirtschaft betreffend, da sich diese Langsamer von der Pandemie erholte, als Experten vorausgesehen haben. Unternehmen und Konsumenten sparten und die Exporte brachen ein. Nun ist besonders die Immobilienkrise besorgniserregend, da die Bauwirtschaft bislang direkt und indirekt bis zu einem Viertel zur Wirtschaftsleistung beigetragen hat.

Zur Vermeidung einer Überhitzung des Marktes begann die Regierung vor zwei Jahren mit der Regulierung des Sektors. Infolge der Abkühlung gerieten aber viele Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten. Das Unternehmen Country Garden musste etwa vor zwei Wochen einräumen, Zinsen auf einige Finanzprodukte nicht rechtzeitig zahlen zu können.

Zentralbank und Finanzaufsicht hatten in der letzten Woche Vertreter der Finanzindustrie einbestellt und diese aufgefordert, die Kreditvergabe zu erhöhen, um die Erholung anzukurbeln. Allerdings bleibt die Nachfrage nach Krediten gering, da sich Unternehmer aufgrund der eingetrübten wirtschaftlichen Aussichten im In- und Ausland mit Investitionen zurückhalten. 

Einige der größten chinesischen Investmentfondsgesellschaften kündigten nach dem Treffen mit den offiziellen Stellen einen Rückkauf eigener Finanzprodukte an, um den Markt angesichts des anhaltenden Ausverkaufs zu stützen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Sechs große Finanzkonzerne, darunter E-Fund Management und China Asset Management, verpflichten sich demnach zu Investitionen von umgerechnet jeweils 6,8 Millionen Dollar in den Rückkauf. Der Vermögensverwalter Guotai Junan will sogar fast 28 Millionen Dollar investieren.

Zeitgleich verkaufen Staatsbanken Devisen, um die chinesische Währung zu stützen. Der Wechselkurs wird durch Käufe und Verkäufe kontrolliert, da der Yuan nicht frei konvertierbar ist. Als Folge der Zinserhöhung ist er Yuan sechs Prozent schwächer als der USD. 

Einige Investmentbanken haben zuletzt ihre Wachstumsprognosen für China, wegen der Wachstumsschwäche der chinesischen Wirtschaft und der Probleme auf dem Immobilienmarkt, für das  Gesamtjahr gesenkt. Die Schweizer UBS-Bank reduzierte am Montag ihren Ausblick auf 4,8 Prozent. Die Herabstufung sei größtenteils auf eine „Neubewertung der Entwicklung des Immobiliensektors und der Auswirkungen auf andere Bereiche der Wirtschaft zurückzuführen“, betont China-Chefvolkswirtin Wang Tao in einer aktuellen Analyse.   

Die schwächere Immobilienkonjunktur würde voraussichtlich die Nachfrage nach Industriegütern und damit auch die Industrieinvestitionen dämpfen. Ferner würden auch die Ausgaben der Kommunen und die Infrastrukturinvestitionen dadurch eingeschränkt.

Insgesamt verhindere das langsamere Wachstum eine Erholung des Arbeitsmarktes, was dazu führe, dass Verbraucher ihr Geld nicht ausgeben, wodurch sich das Konsumwachstum abschwäche. Da schätzungsweise 60 Prozent oder mehr des Vermögens der privaten Haushalte in Immobilien angelegt sind, „dürfte ein schwächerer Immobilienmarkt den Verbrauch der privaten Haushalte durch einen negativen Vermögenseffekt dämpfen“, so Wang. 

Die japanische Bank Nomura hatte bereits in der letzten Woche ihre Prognose für Chinas BIP-Wachstum auf 4,6 Prozent reduziert. Die chinesische Staatsführung selbst hat sich für 2023 ein Wachstumsziel von rund fünf Prozent gegeben. Nach Expertenmeinung ist das nur mit staatlicher Stützung der Konjunktur zu schaffen. Obwohl die Behörden in den letzten Wochen einige Pläne zur Stützung der Wirtschaft vorgestellt haben, gibt es bislang kaum konkrete Maßnahmen.

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