Zum Inhalt springen
MarketWorld
MarketWorld

Chinas angeschlagene Wirtschaft

Was sind die Aussichten?

Die Volksrepublik befindet sich in einer Krise: Immobilienunternehmen stehen unter Druck, das Land leidet unter der steigenden Deflation und der Offshore-Yuan fällt zum US-Dollar in Richtung Jahrestief. Drohen wirtschaftliche Folgen für Deutschland? 

Evergrandes Milliardenverlust 

Aufgrund der Immobilienkrise stocken zahlreiche Bauprojekte. Das Unternehmen Evergrande, einst größter Bauunternehmer Chinas, muss für die vergangenen zwei Handelsjahre einen Verlust in Milliardenhöhe verbuchen. Obwohl mehrere Tochterunternehmen verkauft wurden, ist der Immobilienkonzern immer noch hoch verschuldet. 

Der Nettoverlust liegt für die beiden Jahre bei etwa 100 Milliarden Euro. Am Montag reichte Chinas ehemals größter Bauunternehmer an der Hongkonger Börse lange verzögerte Bilanzdaten ein. Demnach waren die Schulden des Unternehmens bis Dezember 2022 auf 2,44 Billionen Yuan (302 Milliarden Euro) angewachsen, nach Jahresnettoverlusten von 686 Milliarden Yuan für 2021 und 126 Milliarden Yuan für 2022.

Es gebe “wesentliche Unsicherheiten, die erhebliche Zweifel an der Fähigkeit der Gruppe zur Fortführung ihrer Aktivitäten aufwerfen können”, heißt es in einer Erklärung. Chinas Immobilienmarkt steckt nach wie vor in einer großen Krise. Wohnungsbauprojekte können von zahlreichen großen Bauunternehmen nicht abgeschlossen werden. Dies ist auf das seit 2020 anhaltende strenge Vorgehen der Behörden gegen die Verschuldung des Sektors zurückzuführen.

Die Wertpapiere von Evergrande sind seit März 2022 vom Handel an der Hongkonger Börse ausgeschlossen. Der Grund dafür liegt in der hohen Verschuldung und an den Zahlungsausfällen. Kurz vor dem Ausschluss hatte der Konzern seinen Geschäftsbericht eingereicht.

Country Garden in der Krise 

Nach dem 100 Milliarden-Verlust des Unternehmens Evergrande droht nun bei einem weiteren Immobilienriese die Schieflage: Country Garden hat den Handel mit einem Teil seiner Anleihen gestoppt. Aus Mitteilungen, die das Unternehmen am vergangenen Samstag an der Börse Shenzhen veröffentlicht hat, geht hervor, dass die elf auf dem heimischen Markt ausstehenden Anleihen (sogenannte Onshore-Bonds) von Country Garden von Montag an auf unbestimmte Zeit nicht handelbar sein sollen. 

Experten sind beunruhigt: So befürchtet die Ratingagentur Moody’s, dass sich die Komplikationen des Unternehmens auf den Rest des Immobilien- und Finanzmarkts ausweiten könnten, welcher ohnehin schon unter Druck steht. Nachdem die Immobilienblase in China geplatzt war, ringen die Big Player des Immobilienmarktes um den Abbau der Schuldenberge. 

So kam es infolgedessen zum Ausverkauf von Aktien und Anleihen von Country Garden. Die Zeitung “Yicai” berichtete zuvor, das Unternehmen gehe ebenfalls eine Restrukturierung seiner Schulden an. Zum Jahreswechsel war die auf Immobilien in kleineren Städten spezialisierte Gruppe mit umgerechnet 194 Milliarden Dollar verschuldet und hat für das erste Halbjahr einen Verlust von bis zu 55 Milliarden Yuan (7,6 Milliarden Dollar) angekündigt. Allein am Freitag sackte der Kurs um 14 Prozent ab. In der vergangenen Woche summierte sich das Minus auf 38 Prozent. 

Die “schlimmsten Ängste der Investoren” bestätigen sich

„Die Botschaft, die die Krise von Country Garden sendet, bestätigt die schlimmsten Ängste der Investoren über den beklagenswerten Zustand des chinesischen Immobilienmarkts“, erklärte Wee Liam Goh vom Vermögensverwalter UOB Asset Management der Nachrichtenagentur Bloomberg. Experten befürchten, dass die Krise zur weiteren Belastung für Chinas ohnehin angeschlagene Wirtschaft wird. 

Die chinesischen Behörden versuchen seit Ende vergangenen Jahres, die Nachfrage im Immobiliensektor zu beleben, der für ein Fünftel der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik verantwortlich ist. Bis dato zeigen die Maßnahmen allerdings keinen großen Erfolg. Im Juli fiel die Zahl der Wohnimmobilienverkäufe in China so stark wie seit einem Jahr nicht mehr.

Droht nun die Deflation? 

Im Juli sind außerdem seit Jahren die chinesischen Verbraucherpreise gefallen. Damit ist das Land in eine Deflation gerutscht. US-Präsident Joe Biden nannte China in der vergangenen Woche aufgrund der wirtschaftlichen Probleme eine “tickende Zeitbombe”. 

„Ich möchte China nicht schaden“, erklärte Biden bei einer Wahlkampfveranstaltung. Jedoch befinde sich das Land in einer wirtschaftlich problematischen Situation und sei daher in „Schwierigkeiten“. „Das ist nicht gut, denn wenn schlechte Menschen Probleme haben, tun sie schlechte Dinge“, führte der US-Präsident weiter aus. 

Kurzer Exkurs zur Deflation:

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass eine Deflation dann entsteht, wenn es mehr Angebot als Nachfrage gibt. Der Begriff Deflation stammt aus dem Finanz- und Wirtschaftsleben. Wenn auf dem Markt mehr Waren und Güter vorhanden sind, als es Käufer dafür gibt, kann es zu diesem Phänomen kommen. Das Angebot ist also größer als die Nachfrage und die Menschen haben nicht mehr genug Geld, um die Waren zu kaufen. In Deutschland gab es zuletzt zwischen den Jahren 1929 und 1932 eine Deflation, und zwar als Folge der zuvor grassierenden Hyperinflation in der Weimarer Republik.

Haushalts- und Unternehmenskredite rückläufig: 

Chinas Haushaltskredite gingen im Juli um 67,2 Milliarden Yuan (ca. 8,6 Milliarden Euro) zurück, was dafür spricht, dass Haushalte weiterhin frühzeitig Hypotheken tilgen. Die wirtschaftlichen Grundlagen sind nicht großartig, insbesondere im Immobiliensektor. “Die Zahlen für Haushaltskredite sind sehr schwach, und Unternehmen scheinen auch keine starke Motivation zu haben, sich zu verschulden“, so Lu Ting, Chefökonom für China bei Nomura. Im Juli sanken auch die mittel- und langfristigen Kredite an Unternehmen gegenüber dem Vormonat drastisch und beliefen sich im Juli auf 271,2 Milliarden Yuan (etwa 34 Milliarden Euro).

Gibt es Folgen für Deutschland?

Eine beginnende Deflation entwickelt eine Dynamik, die sich über alle Wirtschaftsbereiche erstreckt und meistens in einer schweren wirtschaftlichen Rezession endet. Die fallenden Preise führen zu sinkenden Profiten der Unternehmen, dadurch werden Löhne gekürzt und Mitarbeiter entlassen. Infolgedessen steigt die Arbeitslosigkeit und der Konsum sinkt. Direkte Folgen für Deutschland können zu diesem Zeitpunkt nur erahnt werden. Allerdings ist es durchaus möglich, dass es zu weniger Importen aus der Volksrepublik kommt. Außerdem dürften deutsche Unternehmen weniger Aufträge verzeichnen.

Beliebte Artikel

A0B733

Rohstoffe

Energieträger Wasserstoff

Stehen die nachhaltigen Brennstoffzellen vor einem Börsen-Boom? Warum führende Unternehmen kurz vor einer Renaissance stehen könnten.

Allgemeiner Risikohinweis

Die Daten, Mitteilungen und sonstigen Angaben, die auf dem Portal zu finden sind, dienen ausschließlich Informationszwecken. Alle Informationen und Daten stammen aus Quellen, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung nach presserechtlichen Gesichtspunkten als zuverlässig wahrgenommen wurden. Für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung oder Garantie übernommen.

Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die auf Market World angebotenen Informationen und Nachrichten sind zu keinem Zeitpunkt als auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatungen anzusehen. Die maßgeblichen Informationen können bei den herausgebenden Emittenten angefordert werden. Eine Haftung für Schäden aufgrund von Handlungen, die ausgehend von den auf dieser oder einer der nachfolgenden Seiten enthaltenen Informationen vorgenommen werden, entfällt.

MarketWorld
© 2024 Market World - Alle Rechte vorbehalten 3.1.4
ImpressumDatenschutz