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Apple
WKN 865985

Aktienrückkäufe nehmen zu

Warum Rückkäufe derzeit trenden, welche Summen investiert werden und welche Branchen besonders aktiv sind.

Trotz der anhaltend angespannten weltwirtschaftlichen Situation nehmen Firmen Rekordsummen in die Hand um Aktienrückkäufe in ungeahnter Höhe zu tätigen. Die 500 Konzerne des S&P 500 kündigten an, insgesamt 985 Milliarden US-Dollar für Rückkaufprogramme aufbringen zu wollen.

Die Rückkaufmenge übersteigt damit die des Vorjahres um 11,7%. Allein Apple (WKN: 865985 ; ISIN: US0378331005) erwarb innerhalb eines Jahres eigene Aktien im Wert von 92,4 Milliarden US-Dollar. S&P Dow Jones Rückkaufspezialist Howard Silverblatt rechnet mit einem Kapitalvolumen von insgesamt 1 Billion US-Dollar, die für die Käufe aufgebracht werden. Unumstritten sind diese Rückkäufe aber nicht, da Gewinne damit nicht in neue Technologien investiert werden. 

Der Ölkonzern Exxon (WKN: 852549 ; ISIN: US30231G1022) kündigte Rückkäufe in Höhe von 30 Milliarden Dollar an, der Konkurrent Chevron (WKN 852552 ; ISIN US1667641005) möchte 15 Milliarden US-Dollar investieren. Die Unternehmen wollen damit Anleger von der Stabilität ihrer Konzerne überzeugen. Auch BP-Chef (BP-Aktie: WKN 850517 ; ISIN GB0007980591) Bernard Looney hat Rückkäufe mit einem Volumen von 3,5 Milliarden US-Dollar angekündigt.

Zuletzt hat der Konzern Anleger mit Zurückkaufen in Höhe von 3,8 Milliarden US-Dollar an den jüngsten Krisengewinnen beteiligt. Die Ölbranche galt in den letzten Jahren nicht als beliebte Anlage. Hintergrund war ein Wertverfall von Erdöl von 140 Dollar pro Barrel Anfang der 2000er Jahre auf Preise von 25 bis 30 Dollar pro Barrel ab 2014. Wenngleich sich die Branche langsam erhohlen konte, brachen die Ölpreise aufgrund der Corona-Pandemie erneut ein.

Befeuert durch die starke Weltkonjunktur und den Ukraine-Krieg steigen die Ölpreise seit einem Dreivierteljahr wieder. Exxon, Shell (WKN A3C99G ; ISIN GB00BP6MXD84) , Total (WKN 850727 ; ISIN FR0000120271), BP und Chevron konnten im zweiten Quartal zusammen fast 60 MIlliarden US-Dollar Gewinn machen, im Jahr zuvor waren es lediglich 16,2 Milliarden Dollar. Chevron und Exxon Mobile stehen an der Börse kurz vor einem Rekordkurs.

Derartige Schwankungen sind bei Anlegern aber nicht gerne gesehen. Der Rückkauf von Aktien soll die Werthaltigkeit der Unternehmen stärken. Auch BP und Shell werden durch die wiederaufgenommenen Investitionen in fossile Energie weiterhin gestärkt, wenngleich nicht so extrem wie die amerikanische Konkurrenz. 

Kritik gibt es aber auch an den Aktienrückkäufen, da weniger Geld in die Entwicklung erneuerbarer Energien fließt. Die Investition in technische Lösungen steigerte sich bei Shell zuletzt nur um 200 Millionen US-Dollar, während in drei Monaten mehr als eine Milliarde Dollar ins Upstream-Segment floß. Exxon und Chevron investieren hauptsächlich im blauen Wasserstoff, der auf Erdgas basiert.

Ferner lautet die Kritik, dass die kriegsbedingten Übergewinne lediglich an die Aktionäre ausgeschüttet würden, wie in Großbritannien zuletzt BP und Shell zu spüren bekamen. Dort hat die Regierung jüngst eine Steuer in Höhe von 25% auf Krisengewinne aus Nordseeaktivitäten festgelegt. Auch in anderen europäischen Ländern, darunter Deutschland, wird über Übergewinnsteuern diskutiert.

Die Gesamtsumme der Rückkäufe in Deutschland beschränkt sich auf lediglich 10 Milliarden EUR. Europaweit beläuft sie sich auf etwa 100 Milliarden EUR. Vor allem Riesenkonzerne wie Nestle (WKN: A0Q4DC ; ISIN: CH0038863350) oder Astra-Zeneca (WKN: 886455 ; ISIN: GB0009895292) stehen hinter diesen Rückkäufen.

Zu den größten Käufern gehört auch der Linde-Praxair (WKN A2DSYC ; ISIN IE00BZ12WP82) Konzern mit einem Volumen von zehn Milliarden Dollar verteilt auf drei Jahre bis 2024. In Deutschland folgen mit vier Milliarden EUR Adidas (WKN: A1EWWW ; ISIN: DE000A1EWWW0) und mit jeweils drei Siemens (WKN: 723610 ; ISIN: DE0007236101) und BASF (WKN BASF11 ; ISIN DE000BASF111). 

Die BASF startete ihre Rückkäufe kurz vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Seitdem steht die Aktie aber deutlich unter Druck. Dennoch kauft der Konzern stets seine günstiger werdenden Aktie weiter auf. Seit Jahresbeginn beläuft sich die Gesamtsumme auf eine Milliarde EUR. BASF-Finanzchef Engel bekräftigt, dass das Programm fortgeführt wird.

Den Kursrutsch kann diese Maßnahme aber nicht aufhalten. Innerhalb eines halben Jahres sank der Kurs um ein Drittel. Zusammen mit der diesjährigen Dividende fließen aus dem Konzern rund sechs Milliarden EUR heraus, die zukünftig als Puffer fehlen werden. 

Bereits 2008 herrschte in Deutschland ein großer Trend zum Rückkauf von Aktien vor, insgesamt mit einem Volumen von 16,9 Milliarden EUR. Dieses Geld fehlte den Unternehmen mit dem plötzlichen Einschlag der Finanzkrise. In diesem Jahr ist das Umfeld aufgrund der unsicheren Konjunktur und der Leitzinserhöhungen wesentlich schwieriger geworden.

In den USA finanzieren mittlerweile vier von fünf Unternehmen die Rückkaufe von Aktien mit der Herausgabe neuer Anleihen, die mittlerweile höher verzinst werden. Die meisten Aktien werden derzeit von der Technologiebranche gekauft.

Die Branche gab im vergangenen Jahr rund 275 Milliarden US-Dollar für derartige Projekte aus. Neben Big Tech investieren aber auch Banken und Versicherungen mit insgesamt 210 Milliarden Dollar dreimal so viel Geld in eigene Aktien wie noch vor einem Jahr. 

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