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WKN A14Y6F

Die Rückkehr der Krisenerzählungen

Viele Experten prophezeien den Untergang der deutschen und europäischen Wirtschaft und beginnen sich von den heimischen Märkten abzuwenden. Warum diese Taktik nicht unumstritten ist.

Im internationalen und sogar im innereuropäischen Vergleich gelten deutsche Aktien als schwach. Die Energiekrise könnte diesen Trend sogar noch verhärten, das ist zumindest die Einschätzung von Fondsmanager Jens Ehrhardt. Diese Schwäche wird deutlich im Vergleich mit dem US-Aktienmarkt. Konnte sich der US-amerikanische Leitindex S&P 500 seit 2010 vervierfachen und der Nasdaq 100 sogar verachtfachen, getrieben durch die großen Technologiekonzerne wie Alphabet (WKN A14Y6F ; ISIN US02079K3059), Apple (WKN 865985 ; ISIN US0378331005) oder Amazon (WKN 906866 ; ISIN US0231351067), schaffte es der Dax sich im gleichen Zeitraum lediglich zu verdoppeln. 

Ehrhardt verweist auch auf die um 46% gestiegenen Erzeugerpreise in Deutschland, die vor allem der chinesischen und US-amerikanischen Konkurrenz in die Hände spielten. Gründe für diesen Abstieg sieht er in der deutschen Energiepolitik und spricht von einer “Selbstdestruktion”. Er prophezeit, dass sich deutsche Anleger zukünftig mehr auf Kapitalanlagen im Ausland, etwa in den USA oder in der Schweiz, konzentrieren werden. Niall Gallagher von GAM ist der Auffassung, dass auch das Anlagerisiko in China geringer ist als in Europa. Gallagher fürchtet in Europa den Beginn der Deindustrialisierung, einen Rückgang des Konsums und soziale Unruhen. Carsten Klude von M.M. Warburg & Co. meint, man befände sich momentan in einer Zeitenwende, wo sich entscheiden würde, ob sich Deutschland und Europa im Niedergang befinden. Vor allem die attraktiven Energiepreise seien der Grund, warum sich Unternehmer nach preiswerteren Standorten umsehen, meint er. Vor allem die Umstellung auf erneuerbare Energien sei eine Herausforderung, der die Politik in ihrer Tragweite noch nicht bewusst sei.

Finanzpolitisch bereitet ihm die europäische Union ebenfalls Sorgen, wie er mit dem Verweis auf die gestiegene Verzinsung der italienischen Anleihe betont und auch der Verfall des Pfundes im Anrainerstaat England sei besorgniserregend, da bloß das Eingreifen der Notenbank den Kollaps verhindert habe. Obgleich hauseigene Kunden der Vermögensverwaltung einen besonderen Bezug zu Deutschland hätten, habe man die Menge US-amerikanischer Aktien auf die Hälfte des Portfolios erhöht, während europäische entsprechend gesenkt wurden. Ein Zeichen, dass sich die Zukunft nicht mehr an den europäischen Finanzmärkten gestalte. 

Anleger, die sich international orientierten, hätten ebenfalls mit der “Deutschlandfrage” zu tun, nur in anderer Gestalt. Bei solchen Anlegern sind Indexfonds auf dem MSCI-Weltaktienindex beliebt, deren Messlatte sich auf die Marktkapitalisierung der Börsen von Industrieländern konzentriert. In diesem Index hat Deutschland einen Anteil von zwei Prozent. Europa kommt auf einen Anteil von 15%. Die USA erreichen einen Anteil von 70%. Laut Klude handelt es sich bei solchen Investments um eine Wette gegen Europa, was die Kurssteigerungen in Übersee spiegele. 

Laut Peter Huber von Taunus Trust ist dieser Index aber verzerrt, da er die Wirtschaftskraft eines Landes widerspiegeln sollte. Deutschland müsste entsprechend einen Anteil von über acht Prozent haben. Gleichzeitig seien die hohen US-Anteile nicht einer massiven Gewinnentwicklung, sondern der höheren Bewertung von Wall Street-Aktien geschuldet. 

Analysten schätzen, dass Aktien im S&P 500 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 und Aktien im Dax eines von 12 erreichen werden. Damit ist für Huber klar, dass der MSCI-Weltindex kein Maßstab für die Aufteilung eines Depots sein kann, da ein ausgewogenes Depot nicht bedeute, dass man 70% der Gelder in einen hoch bewerteten Markt stecke. 

Der Vermögensverwalter Gerd Kommer nennt Zukunftsängste als verbreiteten Grund, international zu investieren. Wer meint, dass sein Geld besser in den USA aufgehoben sei, der müsse jedoch nicht an der Wall Street All-In gehen. Er empfiehlt die Aufteilung des Kapitals auf mehrere Indexfonds mit geografischer Ausrichtung, womit sich die Produkte jeweils in den USA, Asien, Europa und den Schwellenländern konzentrieren. 

Huber teilt die Krisenerzählungen seiner Kollegen nicht. Es handele sich dabei um die gleichen Befürchtungen am Tiefpunkt der Märkte, die sich bereits in den letzten 200 Jahren nicht bewahrheitet hätten. Die schlechten Erwartungen seien bereits eingepreist. Zwar ist er ebenfalls er Meinung, dass sich die deutsche Wirtschaft selbst abbaue, zieht daraus aber andere Schlüsse.

Er betont die internationale Aktivität von deutschen Unternehmen. Die Bewertung des Dax befindet sich ferner derzeit an den Tiefpunkten von März 2020, 2009, 2003 und 1987. Auch sei die Marktstimmung auf beiden Seiten des Atlantiks schlecht. Langfristig sieht er deswegen Kaufchancen und stockt seine Positionen langsam auf. 

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