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Volkswagen AG
WKN 766403

Volkswagen - Milliardeneinbußen in China

Das ehemalige Erfolgsgeschäft in China wird für die Wolfsburger zunehmend zum Problem. Der Konzern will nun neue Wege gehen um den Schaden zu minimieren und plant neue Investitionen und mögliche Börsengänge. Ein Überblick.

Zum 1. August wird der derzeitige Volkswagen-Chef Ralf Brandstätter seine neue Stelle als Konzernvorstand für das Chinageschäft antreten. Seine Aufgabe ist es das dortige Geschäft von Volkswagen (WKN: 766403 ; ISIN: DE0007664039), welches in den letzten Jahren als Trumpf galt, sich aber zunehmend zum Sorgenkind des Konzern entwickelt, wieder auf die richtige Spur zu bringen. Nicht nur die Einbußen beim Verkauf und den Marktanteilen von Verbrennermodellen sind problematisch, auch bei Elektromodellen scheinen die Probleme größer zu werden.

Der Wolfsburger Autokonzern konnte über viele Jahre hinweg von den Milliardenzahlungen profitieren, die aus den chinesischen Joint-Ventures überwiesen wurden. Mit diesen Zahlungen wurde nicht nur der Diesel-Skandal aufgefangen, sondern auch die frühen Investitionen in Elektromobilität und Digitalisierung getätigt. Seitdem diese Zahlungen wegfallen muss VW einen neuen Ansatz finden, der sowohl nicht ausschließlich auf China fokussiert ist,  als auch andere Geschäftsbereiche stärkt. 

Mit Marktanteilen über 20 Prozent galt VW lange als chinesischer Marktführer. Aber aktuelle Zahlen zeichnen ein anderes Bild. Laut dem Marktforschungsunternehmen LMC Automotive erzielen die wichtigsten Marken Audi und Volkswagen im ersten Quartal zusammen nur einen dreizehn prozentigen Marktanteil. Während VW mühsam die Verkaufszahlen des Vorjahres halten konnte sind selbige bei Audi um 28% eingebrochen. Der chinesische Automarkt ist in dieser Zeit aber um sieben Prozent gewachsen.

Die größten Sorgen bereitet VW-Konzernchef Herbert Diess der neuerliche Coronaausbruch in der Volksrepublik. Aufgrund dieser Entwicklung stehen derzeit zwei Drittel der chinesischen Volkswagenwerke still. Aber schon seit 2015, als die chinesischen Joint-Ventures mit einem operativen Gewinn von 5,2 Milliarden EUR ihren Höhepunkt erlebt haben, sind die Zahlen rückläufig. Bis 2021 ist der Gewinn auf etwa 3 Milliarden EUR zurückgegangen. 

VW möchte seine Wagen nun der chinesischen Nachfrage anpassen. VW-Markenchef Brandstätter hält es dementsprechend für notwendig, in China neue technische Lösungen zu entwickeln. Die Softwareeinheit des Unternehmens, Cariad, hat zu diesem Zweck eine eigenen chinesische Tochterfirma gegründet, die automobile Software nach chinesischem Geschmack entwickeln soll. 

Um die Abhängigkeit von China zu lösen, will Diess die regionale Gewichtung des Konzerns ausbauen. Dazu rückt das US-Geschäft zunehmend in den Fokus. Bei der Präsentation der Quartalsbilanz am Mittwoch verkündete er das Ziel in den USA einen Marktanteil von zehn Prozent erreichen zu wollen. Derzeit befände man sich bei einem Anteil von rund vier Prozent. 

Trotz der Folgen von Corona und der Chipkrise hat VW ein gutes Jahr hinter sich. Wie die meisten Hersteller verkaufte der Wolfsburger Konzern zwar weniger Autos, da diese aber besser ausgestattet und motorisiert und damit teurer sind, konnte der Konzern, trotz schlechter Absatzzahlen, seinen Umsatz und Ertrag deutlich steigern. Mit 8,9 Millionen Fahrzeugen konnte VW etwa 400.000 Autos weniger absetzen als noch im Vorjahr. Dennoch wuchs der Umsatz um 12% auf 250 Milliarden EUR. Nach Steuern sind das für VW 15,5 Milliarden EUR und damit ein Plus von 75%. Die operative Rendite stieg von 4,3 auf 7,7%. Das Unternehmen konnte somit die Einbrüche aus dem ersten Coronajahr wieder ausgleichen.

Finanzvorstand Arno Antlitz verkündete, dass das Kernziel nicht länger Wachstum sei und von nun an die Ergebnisqualität und nicht die Stückzahl ausschlaggebend sei. In den kommenden Jahren will VW das Angebot an Benzin- und Dieselfahrzeugen in Europa um 60% verringern und sich zunehmend auf Premiummodelle, wie die von Audi und Porsche, konzentrieren. Mit Elektrifizierung und Digitalisierung gehen aber hohe Kosten einher. Bis 2025 wird Volkswagen fast 160 Milliarden EUR in neue Projekte investieren. Allein 89 Milliarden gehen in die Zukunftsbereiche Elektromobilität und Digitalisierung. Derzeit ist der Konzern auf der Suche nach Partnern für diese Projekte, da die Wolfsburger, trotz der guten Umsätze, nicht in der Lage sind die Finanzierung alleine umzusetzen. 

Auch Cashflow und Finanzkraft haben sich bei VW wieder erholt. Im laufenden Geschäft konnte der Konzern, verglichen zum Vorjahr, den Cashflow von 25 auf 32 Milliarden EUR erhöhen. Wie viele andere Autohersteller hat Volkswagen im ersten Coronajahr die Investitionen heruntergefahren. 2021 steigerte das Unternehmen seine Investition wieder von 18 auf 23 Milliarden EUR. Der Fee Cashflow verbesserte sich um zwei Milliarden EUR. Die Nettoliquidität bleibt mit 27 Milliarden EUR unverändert. 

Das Eigenkapital wuchs 2021 um 13,5% von 129 Milliarden auf 146 Milliarden EUR. Auch die Eigenkapitalquote stieg von 25,9 auf 27,6 Prozent. Dafür hat der Konzern weniger Kredite aufgenommen. Dennoch stieg das Volumen der Finanzschulden mit einer Rate von 3,3 Prozent auf 210 Milliarden EUR. Trotz dieser finanziellen Situation kann VW nicht sämtliche Kosten selbst tragen. So wird die Softwaretochter Cariad mit jährlich 2,5 Milliarden EUR alimentiert. 

Sechs europäische Batteriezellwerke werden Volkswagen voraussichtlich 20 Milliarden EUR kosten. Dabei sind neue Zellwerke in China und in den USA zunächst außen vor gelassen. In Schweden hat man mit Northvolt einen ersten Partner für ein europäisches Zellwerk gefunden. In Spanien hofft man auf finanzielle Unterstützung durch den Staat. Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur ist man auf Unterstützung angewiesen. In Deutschland und Großbritannien beteiligt sich BP (WKN: 850517 ; ISIN: GB0007980591) als Partner, während mit Iberdrola (WKN: A0M46B ; ISIN: ES0144580Y14) und Enel (WKN: 928624 ; ISIN: IT0003128367) bereits Partner in Spanien und Italien gefunden sind. 

Als alternative Einkommensquelle hat Finanzvorstand Antlitz bereits die Möglichkeit eines Börsengangs der Batteriesparte bestätigt. Mit der Gründung einer europäischen Gesellschaft (SE) für Batterieaktivitäten sind die rechtlichen Voraussetzungen dafür bereits gegeben. Bis dahin kann es jedoch noch bis zu drei Jahren dauern, heißt es aus Konzernkreisen. Konkreter sind hingegen die Börsenpläne für Porsche. Bereits im vierten Quartal soll ein kleines Anteils-Kontingent an der Börse handelbar sein.

Der Mutterkonzern profitiert von diesem Börsengang über ein neues System von Stamm- und Vorzugsaktien. Damit könnten Volkswagen bis zu zehn Milliarden EUR zufließen. Mit Anteilen von 75% bleibt den Wolfsburgern der Einfluss auf Porsche gesichert. Die zehn Milliarden EUR ermöglichen neue Investitionen und ersetzen die Ausfälle aus dem China-Geschäft. Trotz der Unsicherheit an den Finanzmärkten und der angespannten politischen Weltlage will Volkswagen den Börsengang forcieren. Die gute Bilanz von Porsche spreche dafür, so Antlitz. 

Im Volkswagen-Konzern erwirtschaftet Porsche derzeit den höchsten Ertrag. 2021 erwirtschaftete der Stuttgarter Autohersteller einen operativen Gewinn von fünf Milliarden EUR, gegenüber 2020 ein Plus von 24,5% . Die operative Rendite stieg innerhalb eines Jahres von 15,4 auf 16,5 Prozent. Die hohen Erträge halten auch derzeit an: Im ersten Quartal liegt die operative Rendite bei 18,6%. 

Andere Marken liegen weit hinter Porsche zurück. Audi erzielte eine operative Marge von 10,5% und Skoda 6,1%. Die Kernmarke Volkswagen Pkw erreichte lediglich 3,3%. Die spanische Tochter Seat ist sogar das zweite Jahr infolge in den roten Zahlen. Die Transportsparte VW Nutzfahrzeuge hat mühsam wieder die Gewinnzone erreicht. 

Volkswagen rechnet im weiteren Verlauf des Jahres mit einer Besserung. Abschließend soll die operative Rendite zwischen 7 und 8,5 Prozent liegen. Vor allem der Chipmangel soll sich in der zweiten Jahreshälfte entspannen. Im innerdeutschen Vergleich bleibt VW aber hinter BMW (WKN: 519000 ; ISIN: DE0005190003) und Mercedes (WKN: 710000 ; ISIN: DE0007100000) zurück, die beide zweistellige Gewinnmargen erwarten.

VW baut auf die Hoffnung, dass sich die Lage in China verbessert. Sofern Ende Mai die Coronabeschränkungen gelockert werden, könne man wieder wie gewohnt produzieren, so Konzernchef Diess. Im ersten Quartal 2022 beläuft sich der operative Gewinn des Chinageschäfts auf 824 Millionen EUR und damit auf 163 Millionen EUR mehr als im Vorjahr - ein Hoffnungsschimmer für Volkswagen

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