Bayer und Siemens entwickeln eigene KI-Modelle und setzen auf maßgeschneiderte KI-Lösungen
Wie Bayer und Siemens die digitale Transformation vorantreiben - zwischen Datenreichtum, Innovationsdruck und rechtlichen Herausforderungen.
In der sich rasant entwickelnden Welt der Künstlichen Intelligenz nehmen deutsche Großkonzerne zunehmend eine Vorreiterrolle ein. Besonders Bayer und Siemens zeigen exemplarisch, wie traditionelle Industrieunternehmen durch die Entwicklung eigener, hochspezialisierter KI-Modelle ihre Geschäftsprozesse optimieren und gleichzeitig neue Geschäftsfelder erschließen. Diese Entwicklung markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der deutschen Industrielandschaft, die sich von der reinen KI-Anwendung hin zur aktiven KI-Entwicklung bewegt.
Bayers innovative Lösung für die Landwirtschaft
Der Leverkusener Konzern Bayer hat mit der Entwicklung seines Sprachmodells “Expert Language for You” (“E.L.Y.”) einen bemerkenswerten Schritt in Richtung digitaler Innovation gewagt. In Zusammenarbeit mit Microsoft entwickelt und über deren KI-Marktplatz “Azure AI Foundry” vermarktet, repräsentiert “E.L.Y.” einen neuen Ansatz in der Landwirtschaftstechnologie. Das System ist speziell darauf ausgerichtet, Landwirten präzise Informationen und Beratung zu Themen wie Unkrautbekämpfung, Schädlingsmanagement und dem optimalen Umgang mit Nutzpflanzen zu liefern.
Die ersten Erfolge sind bereits messbar: Bei einer Testgruppe von 1500 US-Mitarbeitern konnte eine Zeitersparnis von bis zu vier Arbeitsstunden pro Woche nachgewiesen werden. Diese Effizienzsteigerung demonstriert das enorme Potenzial spezialisierter KI-Lösungen im Agrarbereich. Allerdings geht Bayer mit dieser Innovation auch kalkulierte Risiken ein, insbesondere im Hinblick auf die Datenzugänglichkeit für potenzielle Konkurrenten.
Siemens KI-Revolution im Produktdesign
Parallel dazu beschreitet Siemens einen ähnlich innovativen Weg mit seinem KI-Assistenten für die Produktdesignsoftware “NX X”. Diese fortschrittliche Lösung revolutioniert den Entwicklungsprozess für eine breite Palette von Produkten - von komplexen Automobilen bis hin zu alltäglichen Haushaltsgeräten wie Kaffeemaschinen. Peter Körte, der Technologie- und Strategie-Chef von Siemens, betont dabei ein grundlegendes Problem der deutschen Industrie: Etwa 80 Prozent der verfügbaren industriellen Daten bleiben bisher ungenutzt - ein enormes Potenzial, das es zu erschließen gilt.
Der Trend zu spezialisierten KI-Modellen
Die Entwicklung markiert einen bedeutenden Trend in der KI-Landschaft. Während generische Modelle wie “ChatGPT” oder “Gemini” als Generalisten konzipiert sind, zeigt sich zunehmend der Bedarf an hochspezialisierten Branchenlösungen. Gartner prognostiziert eine dramatische Entwicklung: Bis 2027 werden voraussichtlich mehr als 50 Prozent der in Unternehmen genutzten Sprachmodelle industriespezifisch sein - ein gewaltiger Sprung vom aktuellen Stand von etwa einem Prozent.
Die Vermarktungsstrategien und Kooperationsmodelle
Die Vermarktung dieser spezialisierten KI-Lösungen erfolgt über verschiedene Plattformen:
Microsoft's ”Azure AI Foundry”
Nvidia's “AI Foundry”
Google's “AI Workbench”
Oracle's “Artificial Intelligence”
Gartner prognostiziert, dass bis 2028 etwa 40 Prozent aller KI-bezogenen Transaktionen über solche spezialisierten Marktplätze abgewickelt werden. Ein besonderer Vorteil dieser Plattformen liegt in der Kosteneffizienz: Durch die gemeinsame Nutzung vortrainierter Modelle können Unternehmen ihre Implementierungskosten um bis zu 50 Prozent reduzieren.
Monetarisierung und Geschäftsmodelle
Bayer hat für “E.L.Y.” ein differenziertes Vergütungsmodell entwickelt, das drei Komponenten umfasst:
1. Eine initiale Einführungsgebühr
2. Eine jährliche Lizenzgebühr
3. Verbrauchsabhängige Gebühren
Dieses Modell ermöglicht es dem Konzern, nicht nur die Entwicklungskosten zu amortisieren, sondern auch einen nachhaltigen Einnahmestrom zu generieren. Die genaue Aufteilung der Einnahmen zwischen Bayer und Microsoft bleibt dabei unter Verschluss.
Herausforderungen und Hindernisse
Trotz des enormen Potenzials stehen die Unternehmen vor erheblichen Herausforderungen:
1. Datennutzung: Eine aktuelle Bitkom-Umfrage zeigt, dass nur 6 Prozent der deutschen Unternehmen ihr Datenpotenzial vollständig ausschöpfen.
2. Datenschutz: 58 Prozent der befragten Unternehmen sehen im Datenschutz ein signifikantes Hindernis für die KI-Entwicklung.
3. Strategische Entscheidungen: Unternehmen müssen abwägen zwischen:
Der Monetarisierung ihrer KI-Modelle
Der internen Nutzung zur Prozessoptimierung
Dem Schutz sensibler Unternehmensdaten
Zukunftsperspektiven und Ausblick
Die deutsche Industrie steht vor einer einzigartigen Chance: Mit ihrem reichen Datenschatz und ihrer technologischen Expertise können Unternehmen wie Bayer und Siemens eine Führungsrolle in der Entwicklung spezialisierter KI-Lösungen einnehmen. Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen plant, in den nächsten zwei Jahren Gewinne aus datengetriebenen Geschäftsmodellen zu erzielen.
Agnes Heftberger, Geschäftsführerin von Microsoft Deutschland, betont die besondere Position Deutschlands mit seinem “regelrechten Datenschatz”. Die erfolgreiche Nutzung dieser Ressource könnte den entscheidenden Wettbewerbsvorteil im globalen KI-Wettlauf darstellen.
Die Entwicklung zeigt: Deutsche Unternehmen bewegen sich von der reinen Anwendung hin zur aktiven Gestaltung der KI-Zukunft. Der Erfolg dieser Transformation wird maßgeblich davon abhängen, wie gut es gelingt, die Balance zwischen Innovation, Datenschutz und wirtschaftlicher Nutzung zu finden. Die Beispiele von Bayer und Siemens demonstrieren, dass dieser Weg nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich vielversprechend ist.
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