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Wertvollstes KI-Start-Up Deutschlands: DeepL erreicht eine Bewertung von zwei Milliarden Dollar

Über Jahre hinweg war “Google” der Hauptkonkurrent des kleinen Unternehmens “DeepL” aus Köln. Dann trat “OpenAI” auf den Plan.

Doch “DeepL” konnte sich behaupten und ist nun das wertvollste KI-Start-up Deutschlands. Die Übersetzungsfirma “DeepL” hat sich als das wertvollste KI-Start-up Deutschlands etabliert und hat eine Bewertung von zwei Milliarden Dollar erreicht. Dies ist auf Investitionen der internationalen Wagniskapitalfirma “Index Ventures” und weiterer Kapitalgeber zurückzuführen. “Index Ventures”, eine führende Adresse für Start-up-Finanzierungen in Europa, bewertet das Kölner Unternehmen mit zwei Milliarden Dollar (rund 1,85 Milliarden Euro).

“DeepL” ist bekannt für seine Online-Übersetzungsplattform, die Übersetzungen zwischen verschiedenen Sprachen wie Deutsch und Norwegisch oder Arabisch und Englisch ermöglicht. Derzeit werden 32 Sprachen unterstützt, was durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ermöglicht wird. Neben dem kostenlosen Service für kurze Texte bietet “DeepL” auch eine kostenpflichtige Übersetzungssoftware für Unternehmen an, die umfangreiche Übersetzungen benötigen und dabei ihre Daten schützen möchten. Laut Unternehmensangaben hat “DeepL” 100.000 zahlende Geschäftskunden, darunter die “Deutsche Bahn”.

In der aktuellen Finanzierungsrunde investieren neue und bestehende Risikokapitalgeber insgesamt 300 Millionen US-Dollar. Ein kleinerer Teil dieser Summe fließt direkt in das Unternehmen, das laut Mitgründer und CEO Jaroslaw Kutylowski „buchhalterisch profitabel“ ist. Da das Unternehmen nur wenige neue Anteile ausgibt, handelt es sich hauptsächlich um einen sogenannten “Secondary-Deal”. Hierbei verkauft der Schweizer Frühphaseninvestor “b2venture” einen Teil seiner Anteile weiter. Die Investmentgesellschaft aus St. Gallen hatte vor etwa 15 Jahren in “DeepL” investiert und nutzt nun die Gelegenheit, eine wohl herausragende Rendite zu realisieren.

Nach einer so langen Investitionsperiode ist ein Verkauf nicht ungewöhnlich. 

Dennoch dürften die Verkäufer eine wichtige Frage abgewogen haben: Kann “DeepL” weiterhin internationale Spitzenunternehmen übertreffen? Den Konkurrenzkampf mit dem vermeintlich übermächtigen Wettbewerber “Google Translate” hat “DeepL” zur Überraschung vieler Experten für sich entschieden. Die entscheidende Frage ist nun, ob dies auch gegen Unternehmen wie “OpenAI” und deren KI-Anwendungen wie “ChatGPT” gelingen wird.

“ChatGPT” als ernstzunehmende Konkurrenz

Eine verpasste Gelegenheit zum Investment 2009 bedauert Olaf Jacobi. „DeepL gehört leider zu meinem Antiportfolio“, sagt der Partner der Kölner Wagniskapitalfirma “Capnamic”. Damals habe er nicht erkannt, dass DeepL deutlich besser als der Google Translator sein würde. Jetzt stellt er fest: „Es könnte sein, dass das Unternehmen das optimale Zeitfenster für einen Verkauf oder Börsengang verpasst hat.“ Jacobi fügt hinzu: „Es besteht die Möglichkeit, dass die nächste Technologie-Welle sie inzwischen eingeholt oder sogar überholt hat.“

Die Veröffentlichung des vielseitig einsetzbaren Chatbots “ChatGPT” von “OpenAI” hat bereits viele Start-ups in Bedrängnis gebracht. Vor einem Jahr wurde klar, dass dieser KI-basierte Bot auch weniger verbreitete Sprachen mit relativ wenigen Trainingsdaten übersetzen kann. Zu diesem Zeitpunkt hatte “DeepL” gerade seine bisher letzte Finanzierungsrunde mit einer Bewertung von einer Milliarde Dollar abgeschlossen. Dies dürfte bei einigen Investoren für Nervosität gesorgt haben.

Das neue Investment und die verdoppelte Bewertung zeigen, dass die Investoren überzeugt sind, dass sich “DeepL” nach “Google” auch gegen neue Konkurrenten wie “OpenAI” behaupten kann. Mit einer Bewertung von zwei Milliarden Dollar ist “DeepL” nun das wertvollste KI-Start-up Deutschlands, gefolgt von der Rüstungsfirma “Helsing” aus München und der Heidelberger KI-Firma “Aleph Alpha”.

„Anbieter großer Sprachmodelle konzentrieren sich nicht auf Übersetzungen“, erklärt Katharina Wilhelm, Investorin bei “Index”. Wenn eine Pharmafirma Patente oder Beipackzettel für Medikamente übersetzen wolle, sei ein hohes Maß an Genauigkeit und Datensicherheit erforderlich. „Das ist nichts, was man einfach “Google Translate” oder “OpenAI” überlassen würde.“ Den weltweiten Übersetzungsmarkt für Unternehmenskunden schätzt Index auf 35 Milliarden US-Dollar. Große Sprachmodelle haben jedoch den Nachteil, dass sie fehleranfällig sind. Obwohl auch “DeepL” Sprachmodelle einsetzt, sind die Übersetzungen oft sehr präzise. Der Unterschied in der Qualität liegt wohl zum einen in der Auswahl der Trainingsdaten, mit denen die Künstliche Intelligenz trainiert wird. Zum anderen arbeitet “DeepL” laut Firmenchef Kutylowski weltweit mit Tausenden freiberuflichen Übersetzern zusammen, die die Qualitätssicherung übernehmen. Jaroslaw Kutylowski will mit seinen 800 Mitarbeitern auch neue Geschäftsfelder erschließen. Mit der neuen Business-Lösung “DeepL Write” können Nutzer deutsche und englische Texte korrigieren und verbessern. Künftig sollen auch maßgeschneiderte Anpassungen für Unternehmen möglich sein: „Unternehmen wollen die Kontrolle über die Sprache haben, die sie verwenden – sei es im Marketing oder intern“, sagt Kutylowski.

Zudem arbeitet “DeepL” an KI-gestützten Übersetzungen gesprochener Sprache. „Unser nächstes Produkt wird sicherlich im Bereich Dolmetschen sein – soweit das technologisch möglich ist, auch simultan“, kündigt der “DeepL”-Chef an.

Neue Geschäftsfelder, alte Herausforderungen

“DeepL” steht weiterhin vor der Herausforderung, gegen finanzstarke Technologiekonzerne zu bestehen. Erst letzte Woche präsentierte “OpenAI” sein neues KI-Modell “ChatGPT-4o” mit Simultanübersetzungsfunktion. Doch DeepL-Gründer Jaroslaw Kutylowski bleibt gelassen: „Im akademischen Bereich gibt es bereits viele solcher Lösungen. Ich habe das zur Kenntnis genommen.“

Von Anfang an hat Kutylowski sein Unternehmen stark auf Forschung ausgerichtet. Künftig muss er jedoch auch die Expansion vorantreiben. Die USA sind der drittgrößte Markt für “DeepL”, doch dort setzt sich das Produkt nicht von allein durch. Während in Europa und Asien häufig Mitarbeitende ihre Geschäftsmails und andere Texte mit “DeepL” übersetzen und so in ihre Unternehmen einbringen, muss “DeepL” in den USA die Führungskräfte überzeugen, die die Internationalisierung strategisch planen. Deshalb hat sich Kutylowski für “Index Ventures” als Investor entschieden. Dessen erfahrener Partner Danny Rimer wird künftig im Beirat von “DeepL” sitzen.

Hoffnung für deutschen KI-Standort 

Danny Rimer hat große Pläne, mit “DeepL” viel Geld zu verdienen. Dem Schweizer Kapitalgeber “B2Venture” ist dies bereits gelungen. Das Anfangsinvestment von 2009 hat sich seitdem wohl deutlich vervielfacht. Zum Vergleich: Frühphaseninvestoren erwarten typischerweise eine Rendite von 100-fach ihres Investments. Florian Schweitzer, Partner bei “B2Venture”, möchte keine konkreten Zahlen nennen, sagt jedoch: „Unser 2007 aufgelegter Fonds, mit dem wir damals in DeepL investiert haben, ist auf dem Weg, einer der erfolgreichsten Fonds seines Jahrgangs in Europa zu werden.“

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