Zum Inhalt springen
MarketWorld
MarketWorld
Tesla Motors Inc.
WKN A1CX3T

Tesla verliert Vertrauen

Warum sich Anleger von Tesla abwenden.

In den USA erreichten die Aktien des Chipkonzerns Nvidia, des Softwareunternehmens Microsoft und der Google-Mutter Alphabet Rekordhochs, während die Titel des E-Auto-Bauers Tesla um knapp 14 Prozent einbrachen. Allein dieser Verlust entspricht dem gesamten Börsenwert von BMW.

Die Ankündigung bei der Vorstellung der Jahresbilanz am Mittwoch, dass mit einem langsameren Wachstum zu rechnen sei, führte zum größten Einbruch seit einem Jahr. Damit verschärft sich die Frage, ob Tesla noch zu den unangefochtenen US-Börsenstars gehört, den sogenannten “Glorreichen Sieben”. 

Zu den „Glorreichen Sieben“ zählen neben Tesla, Microsoft, Nvidia und Alphabet auch der iPhone-Hersteller Apple , die Onlineplattform Amazon und der Social-Media-Konzern Meta. Sie sind für einen Großteil der laufenden Rallye am US-Aktienmarkt verantwortlich.

Innerhalb der letzten 52 Wochen stiegen die Aktien der “Glorreichen Sieben” im Schnitt um knapp 80 Prozent. Im marktbreiten US-Index S&P 500 haben sie ein Gewicht von über einem Viertel. Dadurch haben sie die Performance des gesamten Indexes nach oben gezogen, der im selben Zeitraum lediglich um 20 Prozent zulegte.

Die Tesla-Aktie entkoppelt sich allerdings zunehmend von der Entwicklung der anderen sechs Tech-Riesen. Nach dem enttäuschenden Jahresausblick wachsen unter Experten Zweifel, ob Tesla künftig noch Schritt halten kann.

Die Diskussion über Teslas Position innerhalb der “Glorreichen Sieben” begann bereits vor der Veröffentlichung der Zahlen durch den ehemaligen Hedgefondsmanager Jim Cramer, der heute als umstrittener und einflussreicher Börsenexperte des Wirtschaftssenders CNBC bekannt ist. Er prognostizierte, dass Tesla als erstes Unternehmen aus dem Kreis der “Glorreichen Sieben” ausscheiden werde. “Wer sagt, dass wir alle sieben brauchen?”, fragte Cramer und sagte fallende Kurse voraus. Seine Vorhersage bewahrheitete sich, denn nach den am Mittwochabend vorgestellten Jahreszahlen fiel der Aktienkurs um zwölf Prozent und erreichte den tiefsten Stand seit Mai 2023.

Tesla galt lange Zeit als eine Wachstumsmaschine und führender Hersteller von Elektroautos weltweit. Elon Musk hatte das ehrgeizige Ziel ausgegeben, das Unternehmen um 50 Prozent pro Jahr wachsen zu lassen. Mit visionären Ideen wie vollautonomen Robotaxi-Flotten und humanoiden Robotern befeuerte er die Börseneuphorie. Allerdings blieb von derartigen Visionen am Mittwoch wenig übrig.

Tesla verfehlte die Erwartungen der Analysten deutlich: Der Umsatz stieg langsamer als erhofft, der operative Gewinn brach ein, die Marge halbierte sich – und vor allem stellte Musk für 2024 kaum Besserung in Aussicht.

Elon Musk gab bekannt, dass das dringend erwartete Einstiegsauto (Model 2) frühestens Ende 2025 auf den Markt kommen wird. Gleiches gilt für den humanoiden Roboter “Optimus”. In Bezug auf das Autopilotsystem “FSD” sind laut den gedämpften Äußerungen in der Telefonkonferenz kaum Durchbrüche zu erwarten. Musk nannte in Bezug auf das Jahr 2024 keinerlei Absatzziele mehr. Am Freitag teilte zudem die zuständige US-Aufsichtsbehörde mit, dass Tesla fast 200.000 Fahrzeuge aufgrund von Problemen mit einem Display aktualisieren muss.

Im Zuge der Quartalszahlen senkten mehrere Analysten ihre Kursziele, laut dem Finanzdienst LSEG im Durchschnitt von 250 auf 225 Dollar. Aktuell liegt der Kurs bei rund 183,25 Dollar. Von 44 Experten raten derzeit nur 17 zum Kauf. Laut LSEG sind die Analysten bei keinem anderen Mitglied der “Glorreichen Sieben” so skeptisch.

Zudem ist Tesla im Vergleich zu den anderen Tech-Riesen teuer bewertet: Basierend auf dem von Analysten erwarteten Nettogewinn pro Aktie für das Geschäftsjahr 2024 bezahlen Anleger die Aktie mit dem 56-fachen Gewinn. Innerhalb der “Glorreichen Sieben” folgen die Aktien von Amazon mit einem Verhältnis von 43.

Die hohe Bewertung wird für Tesla zu einem Problem, erklärt Anlagestratege Rob Haworth von US Bank Asset Management. „Eine der Herausforderungen, wenn wir über ein Unternehmen wie Tesla sprechen, ist, dass sie wie ein Technologieinnovator bewertet werden, aber diese Innovation durch Autos verkaufen müssen – und die Automobilnachfrage ist schwach“, sagte Haworth der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Geschäftsentwicklung kann nicht mehr mit der rasanten Kursentwicklung der vergangenen Jahre mithalten. Nachdem sich das operative Ergebnis (Ebitda) in den Jahren 2020 und 2021 noch verdoppelt hatte, verzeichnete es im Jahr 2023 einen Rückgang um 13 Prozent. Auch das Umsatzwachstum zeigt nicht mehr die Dynamik der vergangenen Jahre. Während der Umsatz im Jahr 2021 um mehr als 70 Prozent stieg und 2022 um mehr als 50 Prozent, betrug der Zuwachs im letzten Jahr lediglich 19 Prozent – trotz Preissenkungen seitens Tesla, um den Absatz anzukurbeln.

Eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht, glaubt Seth Goldstein, Analyst bei Morningstar Research. „Tesla signalisiert, dass sich die Tage eines 50-prozentigen oder auch nur 30- bis 40-prozentigen jährlichen Wachstums im Jahr 2024 nicht wiederholen werden“, sagte Goldstein der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Auch Analyst Toni Sacconaghi vom Researchhaus Bernstein blickt skeptisch in die Zukunft. „Während 2024 ein herausforderndes Jahr sein wird, wird es immer offensichtlicher, dass 2025 wahrscheinlich nicht besser sein wird, mit anhaltendem Druck auf Wachstum und Margen“, schrieb Sacconaghi. „Immer mehr Investoren beginnen, das Wachstumsnarrativ des Unternehmens infrage zu stellen.“ Sacconaghi rät folglich zum Verkauf und gibt nur noch 150 Dollar als Kursziel aus.

Als Kurstreiber galt zukünftig eigentlich der Autopilot von Tesla. Die Tech-Investorin Cathie Wood ist der Ansicht, dass sich der Aktienkurs deshalb bis 2027 auf 2000 Dollar verzwanzigfachen wird. Doch von den von Elon Musk seit 2016 versprochenen Robotaxi-Flotten ist Tesla nach wie vor weit entfernt. Der Autopilot ist trotz seines Namens (“Full Self-Driving”, FSD) ein reines Assistenzsystem, das den Fahrer unterstützt, jedoch nicht ersetzt.

Tesla setzt auf einen speziellen Ansatz für autonomes Fahren, der im Gegensatz zur Konkurrenz ausschließlich auf Kameras setzt. Die Bilder werden durch Künstliche Intelligenz (KI) ausgewertet und interpretiert. Im Rahmen der Quartalszahlen verwies Elon Musk auf die neueste Version “FSD v12”, bei der Tesla auf selbstlernende Algorithmen anstelle von klassischem Programmcode setzt. Doch laut ersten Testberichten funktioniert der Autopilot dadurch nicht durchgehend besser. Zahlreiche Unfälle haben zuletzt die Aufmerksamkeit der US-Aufsicht auf ihn gelenkt. Dies führt dazu, dass die Kursfantasie, die mit der Hoffnung auf eine baldige Zulassung des Autopiloten verbunden war, schwindet. Die Aktie notiert mehr als 50 Prozent unter ihrem Rekordhoch, das im November 2021 erreicht wurde.

Auch treue Anhänger von Tesla unter den Analysten zeigen Zweifel. Dan Ives vom Investmenthaus Wedbush war jahrelang einer der größten Optimisten und gab die höchsten Kursziele aus. Nun ist auch er vorsichtiger. Am Freitag strich Ives Tesla von seiner ”Best Ideas List”, auf der er Aktien führt, bei denen Wedbush besonders hohe Kursgewinne erwartet.

Er sei „zutiefst enttäuscht“ gewesen, erklärte Ives gegenüber dem Handelsblatt. Musk erscheine seit der Übernahme des Kurznachrichtendiensts Twitter abgelenkt, statt sich um Teslas Probleme zu kümmern: „Wenn das Flugzeug abstürzt, sollte man sich nicht darauf konzentrieren, nach gesalzenen oder ungesalzenen Brezeln zu fragen.“, so Ives. Musks Hauptaufgabe sei nun, „die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“.

Seit dem Abgang des langjährigen Tesla-Finanzvorstands Zach Kirkhorn haben sich die Quartalskonferenzen nach Angaben von Ives in eine “Horrorshow” verwandelt. Ives hat einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, um Tesla wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Dieser beinhaltet unter anderem die Bildung eines Holding-Unternehmens für Musks KI-Initiativen, ein Ende der Rabattschlacht am E-Auto-Markt und ein zehn Milliarden Dollar schweres Aktienrückkaufprogramm. Allerdings erwartet er nicht, dass sich die Stimmung schnell umkehren wird.

Anlagestratege Haworth von der US Bank Asset Management spricht wie TV-Experte Cramer deshalb nicht mehr von den „Glorreichen Sieben“, sondern von den „Glorreichen Sechs“. Eine Entwicklung, vor der der Investmentmanager MFS schon in seinem Jahresausblick gewarnt hat: „Wir schließen nicht aus, dass sich die sieben Unternehmen in nächster Zeit sehr unterschiedlich entwickeln.“

Angesichts der stark gestiegenen Tech-Kurse und der hohen Erwartungen könnte es nach Tesla auch bei anderen Aktien aus dem Kreis der “Glorreichen Sieben” zu Ausscheidungen kommen, warnt Tillmann Galler. Der Kapitalmarktstratege von JP Morgan Asset Management zieht mit Blick auf den Kult-Western aus den 1960er-Jahren Parallelen: „Nur drei der Glorreichen Sieben haben den Showdown im Film überlebt.“

Beliebte Artikel

A0B733

Rohstoffe

Energieträger Wasserstoff

Stehen die nachhaltigen Brennstoffzellen vor einem Börsen-Boom? Warum führende Unternehmen kurz vor einer Renaissance stehen könnten.

Allgemeiner Risikohinweis

Die Daten, Mitteilungen und sonstigen Angaben, die auf dem Portal zu finden sind, dienen ausschließlich Informationszwecken. Alle Informationen und Daten stammen aus Quellen, die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung nach presserechtlichen Gesichtspunkten als zuverlässig wahrgenommen wurden. Für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung oder Garantie übernommen.

Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die auf Market World angebotenen Informationen und Nachrichten sind zu keinem Zeitpunkt als auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatungen anzusehen. Die maßgeblichen Informationen können bei den herausgebenden Emittenten angefordert werden. Eine Haftung für Schäden aufgrund von Handlungen, die ausgehend von den auf dieser oder einer der nachfolgenden Seiten enthaltenen Informationen vorgenommen werden, entfällt.

MarketWorld
© 2024 Market World - Alle Rechte vorbehalten 3.1.4
ImpressumDatenschutz