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Small Caps mit günstiger Einstiegsoption: Diese europäischen Aktien dürften sich lohnen

Europäische Nebenwerte haben sich in den letzten drei Jahren schlechter entwickelt als Aktien von Großkonzernen, was zu einer deutlichen Unterbewertung führte. Doch jetzt könnte die Wende anstehen.

Früher hieß es an Europas Börsen oft: klein schlägt groß. Aktien von Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung übertrafen in der Regel die Performance großer Konzerne. Doch diese Börsenweisheit scheint inzwischen an Gültigkeit verloren zu haben - zumindest in Europa. Der “MSCI Europe Small Cap Index”, der Dividenden einbezieht, verzeichnet seit September 2021 ein Minus von knapp sechs Prozent, während der “MSCI Europe Large Cap Index” für Großunternehmen über 25 Prozent zulegen konnte.

Das ersehnte Comeback der kleineren Werte blieb bislang aus. 

Eine so lange Underperformance ist untypisch“, meint Brigitte Olsen, die bei “Bellevue Asset Management” als leitende Portfoliomanagerin tätig ist. Olsen sieht aktuell Potenzial: „Inzwischen sind europäische Nebenwerte im Vergleich zu Large Caps so günstig bewertet wie zuletzt zu Zeiten der Finanzkrise im Jahr 2008.“

Small Caps locken mit niedrigem KGV

Analysten bewerten die Attraktivität von Aktien häufig anhand von Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Diese Zahl gibt an, wie lange ein Unternehmen benötigen würde, um den aktuellen Börsenwert seiner Aktien mit den erwarteten Nettogewinnen zu erzielen. Häufig wird dabei auf die Gewinne geschaut, die in den nächsten zwölf Monaten erwartet werden. Laut Fondsmanagerin Olsen liegen die KGVs von “Small Caps” gewöhnlich rund 20 Prozent über denen von “Large Caps”. Das hängt damit zusammen, dass kleinere Firmen oft Wachstumswerte sind, bei denen die Erwartungen an künftige Gewinnzuwächse höher sind. Der “MSCI Europe Small Cap Index” mit seinen 879 Unternehmen weist im Durchschnitt ein KGV von 12 auf, gemessen an den erwarteten Jahresnettogewinnen. Im “MSCI Europe Large Cap Index”, der 189 Unternehmen umfasst, liegt das KGV laut Bloomberg-Daten bei 14,2.

Die deutlichen und schnellen Zinserhöhungen der Notenbanken seit März 2022 gelten als Hauptursache dafür, dass europäische Nebenwerte deutlich hinter den Aktien großer Unternehmen zurückgeblieben sind. „Sie haben Ängste vor einer Rezession ausgelöst, und das traf Nebenwerte besonders hart“, meint Tim Wolff, Portfoliomanager bei der “DWS”. Zyklischere, also konjunkturabhängige Branchen prägen oft das Geschäft kleiner und mittelgroßer Unternehmen. Die höheren Zinsen haben diese Firmen zudem besonders stark getroffen.

Small Caps sind zwar entgegen vielen Vorurteilen im Schnitt niedriger verschuldet als große Unternehmen. Aber sie refinanzieren sich vor allem über Bankkredite“, erklärt Wolff. Diese Kredite haben meist kurze Laufzeiten und variable Zinssätze, weshalb der Zinsanstieg kleinere Unternehmen stärker trifft. Größere Firmen hingegen greifen auf den Anleihemarkt zurück und sichern sich dort langfristig günstige Konditionen. 

Hoffnungen ruhen auf bevorstehenden Zinssenkungen

Aktuell gibt es jedoch eine Wende. Die “EZB” senkte im Juni den Leitzins, und weitere Zinssenkungen scheinen wahrscheinlich. „Das dürfte Nebenwerten, deren Refinanzierungskosten stärker vom aktuellen Zinsniveau abhängen, nun stärker zugutekommen als großen Unternehmen“, meint Wolff von der “DWS”.

Hoffnung gibt es auch in Bezug auf die Konjunktur. Sollte die US-Wirtschaft, wie von vielen Ökonomen erwartet, einer Rezession entgehen, wäre das ein gutes Signal für die globale und europäische Wirtschaft. Zwar verzeichnet die Euro-Zone derzeit nur geringes Wachstum, doch: „Frühindikatoren wie Einkaufsmanagerindizes für die Euro-Zone verbessern sich. Das ist ein gutes Zeichen“, so Wolff.

Hoffnung auf wirtschaftliche Stabilität

Auch Olsen von “Bellevue Asset Management” ist optimistisch: „Wenn die US-Wirtschaft weiter moderat wächst und Europa eine Rezession vermeiden kann, sieht es gut aus für europäische Nebenwerte.“ Laut ihrer Einschätzung berücksichtigen die aktuellen Bewertungen bereits einen möglichen Abschwung, was sie besonders günstig macht. „Von daher ist das Chance-Risiko-Verhältnis bei Nebenwerten gut.

Ein weiteres positives Signal sieht Wolff darin, dass sich wieder mehr große Unternehmen und Private-Equity-Firmen für Übernahmen kleinerer Unternehmen interessieren. So hat das schwedische Private-Equity-Haus “EQT” kürzlich den Windparkbetreiber “OX2” übernommen, während die spanische “BBVA” ein Auge auf “Banco Sabadell” geworfen hat. „Das zeigt, dass nicht nur wir als Fondsmanager die Bewertungen für günstig halten“, erklärt Wolff. Der Fondsmanager der “DWS” gibt zu bedenken: „So richtig wohl wird sich der Markt mit europäischen Nebenwerten wieder fühlen, wenn es klar ist, wie sich die Konjunktur entwickelt.“ Er rechnet damit, dass der Aufschwung der Nebenwerte eher schrittweise erfolgt. Aus diesem Grund sieht er keinen Anlass, überstürzt in den breiten Markt einzusteigen.

Fondsmanager wie Olsen und Wolff achten bei der Wahl ihrer Aktien darauf, dass die Unternehmen profitabel sind, wachsen, hohe Margen erzielen und möglichst schuldenfrei sind.

In ihrer Aktienauswahl sind sie erfolgreich. Olsen konnte mit dem „Bellevue Entrepreneur Europe Small“ (ISIN: LU0631859229) den “MSCI Europe Small Caps laut Scope Fund Analysis” über verschiedene Zeiträume hinweg schlagen. Ebenso erzielen die Small- und Midcap-Fonds der “DWS” bessere Ergebnisse als der Index, so Scope. 

Sechs Aktien im Fokus

Die “DWS” entdeckt solche Unternehmen vor allem im Konsumbereich und zeigt ebenfalls Interesse an mittelgroßen Banken, bleibt dabei jedoch ohne konkrete Firmennamen. Olsen hingegen gibt detailliertere Einblicke in ihr Portfolio.

„Wir setzen bei unserer Aktienauswahl auch stark auf Megatrends wie Energiewende, Elektrifizierung oder Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.“ Die nötige Infrastruktur stamme oft von kleineren Unternehmen. 

Gewinner der Megatrends

Olsen nennt “Wärtsilä”, “Nordex” und “Burckhardt Compression” als Beispiele für Small Caps, die vom Trend zur klimafreundlichen Energie profitieren. „Die finnische Wärtsilä ist als Erfinder des Dieselmotors für die Schifffahrt groß geworden, konzentriert sich jetzt aber auf Lösungen, um die Schifffahrt durch alternative Antriebe zu dekarbonisieren.“ Das Unternehmen steigerte im ersten Halbjahr seinen Gewinn von 0,14 auf 0,34 Euro je Aktie, unterstützt von einer starken Auftragslage.

“Nordex”, der deutsche Hersteller von Windkraftanlagen, arbeitete lange Zeit verlustreich, schaffte im ersten Halbjahr jedoch operativ den Sprung in die Gewinnzone und vermeldete ebenfalls eine starke Auftragslage.

Das Schweizer Unternehmen “Burckhardt Compression”, das Kolbenkompressoren herstellt, profitiert von der Energiewende durch seine spezialisierten Kompressoren für die Produktion von Solarzellen sowie den Transport und die Lagerung von Wasserstoff und Flüssigerdgas (LNG). Im letzten Geschäftsjahr konnte “Burckhardt Compression” den Gewinn je Aktie um 29 Prozent auf 26,60 Franken steigern. “Von der Energiewende profitiert das Unternehmen, weil es spezialisierte Kompressoren für die Herstellung von Solarzellen und den Transport beziehungsweise die Lagerung von Wasserstoff sowie Flüssigerdgas (LNG) liefert“, so Olsen.

Die “Bellevue-Asset-Management”-Fondsmanagerin sieht im französischen Kabelhersteller “Nexans” einen Profiteur des Megatrends Elektrifizierung. “Nexans” verdankt seine vielversprechende Zukunft den Investitionen in die Energiewende, die auf ein stabiles Stromnetz angewiesen ist. Besonders Hochspannungskabel spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie sowohl internationale Stromnetze als auch Offshore-Windparks mit dem Festland verbinden. “Nexans” profitiert also direkt von zwei Megatrends. Im ersten Halbjahr konnte das Unternehmen seinen operativen Gewinn um 14 Prozent steigern, was die Erwartungen übertraf. Der Nettogewinn ist ebenfalls seit Jahren solide: 2023 betrug der Gewinn je Aktie 4,92 Euro, Analysten gehen für dieses Jahr von einem Anstieg auf 7,28 Euro aus.

Olsen deckt in ihrem Fonds die Themen Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung unter anderem mit Aktien von Halbleiterunternehmen wie der schweizerischen “VAT” und der niederländischen “BE Semiconductors” (“Besi”) ab. Als weltweit führender Hersteller von Vakuumventilen liefert “VAT” die Technik, um ultrareines Vakuum zu erzeugen, welches in der Mikrochipherstellung notwendig ist. “Besi” hingegen fokussiert sich auf die Produktion von Anlagen zur Montage in der Halbleiter- und Elektronikbranche.

Auch wenn beide Unternehmen profitabel sind, belasteten vorsichtige Ausblicke und der Rückgang der Tech-Aktien die Entwicklung. Olsen bleibt jedoch bei beiden Werten: „Wir verkaufen nur, wenn die Investmentstory nicht mehr funktioniert – wir halten sie jedoch bei VAT und Besi langfristig für noch intakt.

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